Hanghaus 2, SR 6 Theaterzimmer, Wandmalereien
Literatur: F. Eichler, Die österreichischen Ausgrabungen in Ephesos im Jahre 1967, Anzeiger der Philosophisch-Historischen Klasse Wien 1968, 86 ff. Abb. 3; Taf. 2,1-2; ders., ebda. 1969, 7 Taf. 2b; M.J. Mellink, AJA 72, 1968, 140; T.B.L. Webster, Monuments illustrating New Comedy (London 19692) 304; S. Charitonidis - L. Kahil - R. Ginouvès, Les mosaïques de la Maison du Ménandre à Mytilène, Beiheft zur Halbjahresschrift Antike Kunst, 6 (Bern 1970) 99 f. Taf. 27,2-3; V.M. Strocka, Gymnasium 80, 1973, 362 Taf. 16-20; H. Vetters, Zum Stockwerkbau in Ephesos, Mélanges Mansel, I (Ankara 1974) 82 f. Taf. 48. 50a; V.M. Strocka, Die Wandmalerei der Hanghäuser in Ephesos, Forschungen in Ephesos, VIII/1 (Wien 1977) 45-56; N. Zimmermann, Ausstattungen von Haupt- und Nebenräumen. Zur Datierung der Wandmalereien des Hanghauses 2 in Ephesos, in: F. Krinzinger (Hrsg.), Das Hanghaus 2 von Ephesos. Studien zur Baugeschichte und Chronlogie, Archäologische Forschungen, 7 (Wien 2002) 101-117; bes. 101; R. May, Apuleius and Drama. The Ass on Stage (Oxford 2006) 20; N. Zimmermann - S. Ladstätter, Wandmalerei in Ephesos von hellenistischer bis in byzantinische Zeit (Wien 2010) 42-138; bes. 114-119; N. Zimmermann, Wandmalerei, in: F. Krinziger (Hrsg.), Hanghaus 2 in Ephesos, Die Wohneinheiten 1 und 2, Baubefund, Ausstattung, Funde; Forschungen in Ephesos VIII/8 (Wien 2010) 109-115.
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Westwand, Sikyonioi
Unter der Überschrift 'Sikyonioi', einer Komödie aus der Hand des Menander, stehen sich zwei Männer gegenüber, beide mit einer Maske vor dem Gesicht. Der Linke wild gestikulierende trägt Untergewand, Strümpfe und einen gegürteten Chiton, der Rechte ein Himation über seinem Chiton, an den Füßen sieht man auch hier Strümpfe. Die Maske des ersten mit Haarwulst, hochgezogenen Brauen, Stupsnase und trichterförmigem Mund ist diejenige eines Sklaven, wie sie im Onomastikon des Pollux (IV 143 ff.) beschrieben sind. Der andere ist nach seiner bartlosen Maske ein Jüngling. Der Sklave wurde als Dromon, der führende Sklave des Stückes, gedeutet. Ihm gegenüber muss eine der Hauptpersonen stehen, als welche Stratophanes und sein Gegenspieler und unerkannter Bruder Moschion infrage kommen. Beide buhlen um die Gunst der Philumene, wobei Moschion schließlich das Nachsehen hat. In der Deutung des Bildes bevorzugte Strocka den Moschion, da Stratophanes als Soldat eher als solcher gekleidet sein sollte, die bürgerliche Tracht eher für Moschion spräche. Zwischen beiden ist ein Dialog überliefert, in welchem Moschion des Sklaven des Stratophanes zu einer Falschaussage überreden will, dieser aber das Ansehen wild gestikulierend zurückweist.
Lit.: S. Charitonidis - L. Kahil - R. Ginouvès, Les mosaïques de la Maison du Ménandre à Mytilène, Beiheft zur Halbjahresschrift Antike Kunst, 6 (Bern 1970) 99 f. Taf. 27,2; V.M. Strocka, Die Wandmalerei der Hanghäuser in Ephesos, Forschungen in Ephesos, VIII/1 (Wien 1977) 54-55 Abb. 62. 64; N. Zimmermann - S. Ladstätter, Wandmalerei in Ephesos von hellenistischer bis in byzantinische Zeit (Wien 2010) 117 Abb. 204.
Westwand, Orestes
Hoher Onkos und das fußlange Gewand geben zu erkennen, dass es sich hier um die Wiedergabe einer Tragödie mit dem Titel 'Orestes' handelt, beispielsweise aber die Komödie gleichen Titels (?) aus der Hand des Dichters Alexis nicht gemeint sein kann. Das Bett, in dem Orestes schläft und neben dem seine Schwester Elektra wacht, führten zur Deutung der Malerei als einer Szene aus dem Orestes des Euripides, in welcher der Sohn des Agamemnon nach einem Dialog der Elektra mit Helena und dem Auftritt des Chores erwachte (Verse 211-315). Älter ist die Orestie des Aischylos, der einzigen erhaltenen Trilogie, die beim Agon der Dionysien in Athen im Jahre 458 den ersten Preis gewann. Weiterhin hatte Rhinton eine Tragikomödie (?) gleichen Titels verfaßt und Seneca eine lateinische Tragödie.
Lit.: V.M. Strocka, Die Wandmalerei der Hanghäuser in Ephesos, Forschungen in Ephesos, VIII/1 (Wien 1977) 53-54 Abb. 63. 65. 67; N. Zimmermann - S. Ladstätter, Wandmalerei in Ephesos von hellenistischer bis in byzantinische Zeit (Wien 2010) 117 Abb. 205.
Nordwand, Perikeiromene
Das Bild zeigt links eine abgewandte Frau mit über die Haare gezogenem Schleier; sie trägt eine helle Maske. Rechts von ihr steht ein intensiv auf sie einredender Mann; er trägt ebenfalls eine helle Maske und einen Soldatenmantel. Rechts hinter ihm folgt einen dritte Gestalt. Der Titulus 'Perikeiromene' (Die Geschorene) bezieht sich auf eine weitere Komödie des Menander. Mit den wohl weniger als die Hälfte des ursprünglichen Textes ausmachenden 448 erhaltenen Versen konnte die Szene jedoch nicht verbunden werden. Bedenken erhoben sich gegen die Lesung der Szene als das Aufeinandertreffen des reichen Pataikos mit Glykera, welche von ihrem Mann Polemon geschoren wurde, weil er sie inflagranti ertappt hatte; hierbei entdeckte Polemon jedoch am von der Dienerin herbeigebrachten Schmuck, dass er der Vater der Glykera war: Petaikos kann also nicht der Jüngling in der Bildmitte sein. In einer anderen Szene tritt der Chiliarch Polemon reumütig über seinen Tat gegen seine Geliebte Glykera auf und könnte nachdenklich dagestanden haben: In diesem Moment redete auch die Dienerin Doris beruhigend auf ihn ein und nicht mit wild erhobenem Arm, die bei der Frau rechts im Bild zu sehen. Wegen dieser Schwierigkeiten in der Deutung sah Strocka in diesem Bild eine Szene des nicht erhaltenen Anfangs der Komödie, in der Polemon nach der Heimkehr in seinem Zorn für ihren Seitensprung Glykera geschoren hatte und nun nachdenklich über seine Tat sinnend dasteht. Die Dienerin Doris machte ihm daraufhin heftige Vorwürfe.
Lit.: S. Charitonidis - L. Kahil - R. Ginouvès, Les mosaïques de la Maison du Ménandre à Mytilène, Beiheft zur Halbjahresschrift Antike Kunst, 6 (Bern 1970) 99 f. Taf. 27,3; V.M. Strocka, Die Wandmalerei der Hanghäuser in Ephesos, Forschungen in Ephesos, VIII/1 (Wien 1977) 55 Abb. 63. 66; K. Gutzwiller - Ö. Celik, New Menander mosaics from Antioch, AJA 116, 2012, 584 Abb. 14.
Nordwand, Iphigeneia
Die Szene ist sehr schlecht erhalten und ist allein wegen der Beischrift [ΙΦΙΓΕ]ΝΕΙΑ benennbar. Strocka erkannte in einer Hosen tragenden Figur den Barbarenkönig Thoas und einer erhöht stehenden weiblichen Figur Iphigenie auf den Stufen des Artemistempels. Entsprechend handele es sich um eine Darstellung aus der Iphigenie in Tauris und nicht der Iphigenie in Aulis.
Lit.: V.M. Strocka, Die Wandmalerei der Hanghäuser in Ephesos, Forschungen in Ephesos, VIII/1 (Wien 1977) 48; 54 Abb. 68.
Nordwand, ungedeutete Szene
Für die Szene mit den Resten einer Beischrift aus den Buchstaben ΑΧ wurde die Ergänzung zu Andromache oder Achaioi vorgeschlagen. Ob die Tragödie 'Andromache' des Euripides oder die Komödie 'Achäer' des Menander dargestellt war, kann nicht mehr geklärt werden.
Literatur: V.M. Strocka, Die Wandmalerei der Hanghäuser in Ephesos, Forschungen in Ephesos, VIII/1 (Wien 1977) 54 Abb. 69.