Tavium, Mulde der cavea des antiken Theaters, Zustand im Jahre 2004 (Photo: Chr. Gerber).
Tavium, Spolie aus dem Theater in Büyük Nefes Köy (Photo: Chr. Gerbner).

 

Beschreibung

In den Südwest-Hang des Zegreg Tepe, einer der drei natürlichen Hügel im Stadtgebiet von Tavium, sind die Reste eines Theaters, bzw. das in den Felsen eingetiefte Negativ der Cavea, erhalten (s. IstMitt50, Abb. 3, 6 und 10–11). Diese Reste wurden während der ersten Feldkampagne 1997 entdeckt und vermessen. Die Entdeckung des Theaters war eine große Überraschung, denn trotz aller schriftlichen Hinweise auf die großen Bauten der Stadt wird ein Theater nirgends erwähnt. Ebensowenig scheint die Cavea von den Forschunsreisenden erkannt worden zu sein. Überraschend ist die Größe der Anlage: Die Länge der Theaterfront beträgt etwa 115 m, wenn sie sich über den gesamten blank liegenden Felsbereich erstrecken sollte. Die Cavea ist in einer Höhe von etwa 15–20 m erhalten.

 

Bei einer eingehenden Besichtigung des Theater-Geländes gelang es, trotz des stark verwitterten Zustandes einige der originalen Felsstufen ausfindig zu machen. Diese sind nicht die ursprünglichen Stufen des Theaters, sondern stellen das Auflager für die Steinblöcke der Sitzreihen dar. Die Tatsache, dass die heute noch erkennbaren Reste günstig verteilt sind und eingemessen werden konnten, erlauben erste Rückschlüsse auf die Anlage des Theaters. Auf dem topographischen Plan lassen sich drei Abschnitte unterscheiden: einen steileren mittleren sowie jeweils einen flacheren darunter und darüber. Sie deuten offenbar die drei verschiedenen Ränge an. Die Grenze zwischen dem unteren und dem mittleren Rang ist heute noch deutlich im Gelände erkennbar. Auf dieser Höhe zieht sich ein "Steingürtel" entlang, der möglicherweise ein Diazoma – einer der beiden horizontalen Umgänge – anzeigt (vgl. IstMitt 50, Abb. 10b, unten und links nahe des Bildrandes gut zu erkennen). Hier sind die untersten an der Oberfläche erhaltenen Stufen erkennbar. Der obere Umgang dürfte den mittleren von dem oberen Rang trennen. Der untere Rang wäre dann mindestens 4 m hoch, der mittlere etwa 12 m und der obere mindestens noch einmal 4 m. Hier ist jedoch mit einem weiteren substantiellen Aufbau zu rechnen, der das Abflachen des Hügelhanges ausgleicht. Das Halbrund der Orchestra dürfte einen Radius von etwa 12 m gehabt haben. In ihrer Mitte ist eine leichte Erhöhung zu erkennen, die auf einen Schuttberg hindeutet. Wie hoch hier der Schutt ansteht, läßt sich vorerst nicht bestimmen.

 

Das Theater wurde offenbar bereits in spätantiker Zeit als Steinbruch genutzt, wie zahlreiche Spolien aus dem Stadtgebiet zeigen. Auf Steinblöcke mit Stufen muss sich die Bemerkung Perrots (1872, 289, Zitat s.u.) beziehen, der sie - zurecht, wie sich nun gezeigt hat - als Hinweis auf ein ehemaliges Theater im Stadtgebiet interpretierte. Im Frühjahr 2011 wurden bei Abrissarbeiten verlassener Häuser im Dorf (Büyüknefeş) eine ganze Reihe von Spolien geborgen, darunter auch ein ebensolcher Steinblock mit Stufen vom Theater.

 

(Chr. Gerber; nach IstMitt 50, 2000, ergänzt)

 

Literatur

Öffnet externen Link in neuem FensterG. Perrot - E. Guillaume - J. Delbet, Exploration archéologique de la Galatie et de la Bithynie, I (Paris 1872) 289.

P. Ciancio Rossetto - G. Pisani Sartorio (Hrsg.), Teatri greci e romani alle origini del linguaggio rappresentato, III (Rom 1994) 406.

K. Strobel – Chr. Gerber, Tavium (Büyüknefes, Provinz Yozgat) - Ein regionales Zentrum Anatoliens. Bericht über den Stand der Forschungen nach den ersten drei Kampagnen (1997–1999), Istanbuler Mitteilungen 50, 2000, 215–265, zu den sichtbaren Resten des Theaters: S. 245 und Abb. 10–11.

F. Sear, Roman Theatres. An Architectural Study. Oxford Monographs in Classical Archaeology (Oxford 2006) 364.

Veranstaltungen

Spiele im Rahmen des römischen Kaiserkultes

Quellen:

Öffnet internen Link im aktuellen FensterPriesterliste am Roma-Augustus-Tempel in Ankara.