PRIENE (Jonien, Asia)

Priene, Rekonstruktion des späthellenistischen Theaters (nach: von Gerkan, 1921, Taf. XXXV).

Maße

Dm cavea 56,5 m
Dm orchestra 19 m
Bühnengebäude 18,4 x 5,8 m

Inschriften

Inschriften der Proedriesessel: F. Hiller von Gärtringen (Hrsg.), Inschriften von Priene (Berlin 1906) Nr. 176; A. von Gerkan, Das Theater von Priene (1921) 21 f. 71 Abb. 8.

Beschreibung

Das griechische Theater entstammt dem späten 4. Jh. v. Chr.: In einer Ehreninschrift zugunsten des Beamten Apellis, die in das Jahr 332/1 v. Chr. oder kurz danach datiert wird, ist festgehalten, daß der Agonothet die Ehrungen des Apellis bei den Dionysien im Theater auszurufen habe (Inschriften Priene Nr. 4 Z. 32; Öffnet externen Link in neuem FensterPHI).

Das Koilon bzw. die cavea ist an den Hang gebaut und in drei maeniana unterteilt. Pfostenlöcher für Sonnensegel sind erhalten. In der Mitte der fünften Reihe lag eine sog. Königliche Loge, die allerdings nicht zum ursprünglichen Bau gehört. Von Gerkan vermutet, sie sei bei Errichtung der erhöhten Bühne im Rahmen des späthellenistischen Umbaus entstanden und habe die Funktion der älteren Proedrie übernommen, weil die Sicht von dort auf die neue Bühne recht unbequem geworden sei. Die beiden seitlichen Stützmauern enden in je 1 Podest, auf dem bewegliche Bronzefiguren standen (Inschriften Priene Nr. 187; PHI). In der hufeisenförmigen Orchestra standen von Beginn an Bänke in der Proedrie sowie ein Altar. Der Proedrie wurden im 2. Jh. v. Chr. von einem Stifter namens Nysios 5 Throne hinzugefügt (Inschriften Priene Nr. 176; Öffnet externen Link in neuem FensterPHI). Der Altar ist eine Stiftung eines gewissen Pythotimios, als dieser Agonothet war (Inschriften Priene Nr. 175; Öffnet externen Link in neuem FensterPHI). Außergewöhnlich gut ist das Proskenion erhalten, das mit Pfeilern und vorgesetzten dorischen Halbsäulen in 11 Interkolumnien gegliedert wird. Die Schauspieler konnten durch das mittlere sechste sowie das seitliche dritte und neunte Interkolumnium auftreten, die jeweils mit Flügeltüren ausgestattet waren. Die anderen Zwischenräume seitlich der Mitteltür konnten mit gemalten Bildern, sog. Pinakes, verhängt werden, welche den Ort des Geschehens verdeutlichten. Vor das 2. und 10. Interkolumnium wurden um 130 v. Chr. Statuen des Apollodoros (Inschriften Priene Nr. 237; PHI) und des Thrasybulos (Inschriften Priene Nr. 255; Öffnet externen Link in neuem FensterPHI) aufgestellt, beides Persönlichkeiten der Stadt Priene. Dies könnte darauf hindeuten, daß spätestens zu dieser Zeit das Proskenion als Hintergrund des Schauspiels nicht mehr wichtig war und man die Handlung der Akteure erst damals auf die erhöhte Bühne, eben auf das Logeion, verlegt hat. Das Bühnengebäude dahinter bestand jedoch aus 3 Räumen in beiden Etagen, auch wenn von der oberen Etage nicht mehr als ein Ansatz erhalten blieb. Die Räume der unteren Etage waren untereinander nicht verbunden, konnten also allein vom Proskenion aus betreten werden; demnach ist nicht anzunehmen, daß dieses Räume in das Geschehen der Schauspiele integriert waren. Aus der oberen Etage konnte man nach von Gerkans Beobachtungen am erhaltenen Mauerwerk nur durch 1 Tür auf das Proskenion treten. Einen Schacht in diesen Räumen deutet von Gerkan als Vorrichtung für einen Aufzug, durch den man einen Schauspieler emporheben konnte, um ihn als ‚deus ex machina’ oder ähnlich erscheinen zu lassen. Erst ein späthellenistischer Umbau erschloss die erhöhte Bühne besser als früher, indem nun eine seitliche Steintreppe an der westlichen Schmalseite emporführte. Außerdem erhielten nun alle drei Räume im Obergeschoß des Bühnengebäudes Thyromata. Diese Umbauten deuten nach von Gerkan daraufhin, daß das Proskenion nun eine erhöhte Bühne, das Logeion trug, um darauf spielen zu können.

In römischer Zeit erfolgten weitere Umbauten am Bühnengebäude: Seine Räume im Untergeschoß dienten allein noch als Unterbau einer römischen scaenae frons mit einer Gliederung in halbrunde Nischen zwischen den Thyromata. In der Orchestra stehen ein dem Dionysos geweihter Altar und eine Wasseruhr (Inschriften Priene Nr. 177; Öffnet externen Link in neuem FensterPHI). Die Opfer des Dionysos-Priesters sind im Text einer Inschrift geregelt (Inschriften Priene Nr. 174; Öffnet externen Link in neuem FensterPHI).

Zuschauer: 5.000

Ausstattung

Statuenbasis des Apollodoros:

H. Schwingenstein, Die Skulpturenausstattung des griechischen Theatergebäudes. Münchener archäologische Studien 8 (München 1977) 97 f. 127.

Statuenbasis des Thrasybulos:

H. Schwingenstein, Die Skulpturenausstattung des griechischen Theatergebäudes. Münchener archäologische Studien 8 (München 1977) 98. 127.

Literatur

Th. Wiegand, Priene (Berlin 1904) 235-257 Taf. 15-18.

F. Freiherr Hiller von Gärtringen (Hrsg.), Inschriften von Priene (Berlin 1906; ND 1968)

Öffnet externen Link in neuem FensterE. R. Fiechter, Die baugeschichtliche Entwicklung des griechischen Theaters (München 1914) 60. 91; Abb. 87.

A. von Gerkan, Das Theater von Priene (München 1921).

W. Dörpfeld, Das Theater von Priene und die griechische Bühne, Athener Mitteilungen 49, 1924, 50-101.

A. von Gerkan, Die Datierung der Statuenbasen vor dem Proskenion in Priene, Mitt DAI Athen 49, 1924, 225-230.

H. Bulle, Untersuchungen an griechischen Theatern, Abhandlungen der bayerischen Akademie der Wissenschaften, philosoph.-philolog. und hist. Klasse 33 (München 1928) 250-253.

A. von Gerkan, Zum Skenengebäude des Theaters von Priene, Istanbuler Mitteilungen 9/10, 1959/60, 97-108.

A. von Gerkan, Nochmals die Skene des Theaters in Priene, Istanbuler Mitteilungen 13/14, 1963/64, 67-72.

D. de Bernardi Ferrero, Teatri classici in Asia Minore III (Rom 1970) 9-20 Abb. 1-12 Taf. I-II; Bd. IV (Rom 1974) 13 Abb. 7; 36 Abb. 42; 91 f. Abb. 127-129; Taf. A.

G. Klammet, Die türkische Westküste (Frankfurt/Wien 1976) Abb. 101.

H. Lauter, Die Architektur des Hellenismus (Darmstadt 1986) 170 Abb. 57.

J.Cl. Golvin, L'amphithéâtre romain. Essai sur la théorisation de sa forme et de ses fonctions, I-II (Paris 1988) 239 f.

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S. Gogos, Bemerkungen zu den Theatern von Priene und Epidauros sowie zum Dionysostheater in Athen, ÖJh Beiblatt 67, 1998, 66-106.

H. Windfeld-Hansen, Die Grundrißdispositionen der griechischen und römischen Theater bei Vitruvius und geometrische Konstruktionsregeln für antike und altchristliche Zentralbauten, Boreas 23/24, 2000/2001, 135.

R. G. Chase, Ancient Hellenistic and Roman Amphitheatres, Stadiums, and Theatres – the way they look now (Portsmouth, New Hamphshire 2002) 34 Abb.

M. C. Sturgeon, Dedications of Roman Theatres, in: CARIS: Essays in Honor of Sara A. Immerwahr, Hesperia Supplement 33 (Athen 2004) 416.

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M. Hasenpflug, Der antike Theaterbau, in: Satyr – Maske – Festspiel. Aus der Welt des antiken Theaters, Katalog einer Ausstellung im Winckelmann-Museum vom 16. Juli bis 8.Oktober 2006 (Mainz – Ruhpolding 2006) 32 f.  

A. Schumacher – J. Misiakiewicz, Priene. Die Restaurierung des Theaters (Mainz 2007).

H. von Hesberg, Hellenistische Theater - Zur Funktionalität der Räume und ihrer Bedeutung für die Polis, in: A. Matthaei - M. Zimmermann (Hrsg.), Stadtbilder im Hellenismus, Die hellenistische Polis als Lebensform, 1 (Berlin 2009) 276-303.

weblinks:

Öffnet externen Link in neuem Fensterhttp://www.poliskultur.de/54_Priene%20im%20Hellenismus.html

Öffnet externen Link in neuem Fensterhttp://web.uni-frankfurt.de/fb09/klassarch/Projekte.html

Öffnet externen Link in neuem Fensterhttp://www.beazley.ox.ac.uk/xdb/ASP/recordDetails.asp?recordCount=486&start=400

Veranstaltungen

Die Aufführungen von Tragödien sind für das 4. Jh. v. Chr. inschriftlich belegt.

Pantomimen: Im sog. Zweiten Beschluß für Aulus Ämilius Zosimus wird die Aufführung vom Pantomimen Plutogenes erwähnt, Öffnet externen Link in neuem FensterInschriften Priene Nr. 113 Z. 66.

Literatur: Öffnet externen Link in neuem FensterL. Robert, Pantomimen in griechischen Orient, Hermes 65, 1930 114-117 (login); E. Hall - R. Wyles (Hrsg.), New Directions in Ancient Patomime (Oxford 2008) App. 380 f. T3.