DIDYMA (Jonien, ASIA)

Beschreibung

Die Entdeckung eines Theaters im Apollonheiligtum von Didyma wurde in unten stehender Pressemitteilung bekannt gemacht. Die Existenz des Theaters hat Auswirkungen auf die Frage, wo die musischen Agone zu Ehren Apollons stattfanden, ob im Theater von Öffnet internen Link im aktuellen FensterMilet oder in Didyma. Die relevanten Einträge auf www.theatrum.de zu Milet werden baldmöglichst aktualisiert.

Pressetext vom 19. September 2011:

"Antikes Theater entdeckt: Im berühmten Apollonheiligtum von Didyma (Westtürkei) stießen deutsche Archäologen überraschend auf ein Theater aus der römischen Kaiserzeit"

Bei den Ausgrabungen der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste und des Deutschen Archäologischen Instituts in Didyma (Westtürkei) wurden im August 2011 völlig unerwartet die Reste eines antiken Theaters gefunden. Schon im Sommer 2010 hatten die Grabungen eine große gerundete Mauer mit einem Treppenzugang zutage gefördert, welche damals noch als Terrassenmauer gedeutet wurde. Dieses Jahr wurden nun gerundete Sitzstufen in situ gefunden, die ohne Zweifel zu einem Theater gehören, und dessen Existenz sicher belegen.

Interessant ist dieser Fund in verschiedener Hinsicht: Theater gab es zwar in vielen antiken Städten; aber Didyma war keine Stadt, sondern ein außerstädtisches Heiligtum, das zu dem 17 km entfernten Milet gehörte, das selbst ein großes Theater besaß.

Obwohl Theater in der Regel nicht zur Ausstattung eines Heiligtumes gehörten, hatte man im Fall von Didyma schon früh den Verdacht, dass es ein solches gegeben haben könnte. Denn den antiken Inschriften zufolge fanden im Heiligtum regelmäßig Wettkämpfe zu Ehren Apollons statt, die auch Gesangs- und Redewettbewerbe umfassten. Da aber im Verlauf der Grabungen nur ein Stadion für die sportlichen Wettkämpfe zutage trat, vermutete man, die musischen Agone wären im Theater von Milet abgehalten worden. Seit den diesjährigen Ausgrabungen ist jedoch klar, dass die Gesangs- und Redewettbewerbe für Apollon doch in seinem Heiligtum in Didyma stattfanden.

„Kulte im Kult" der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste wird von Prof. Dr. Helga Bumke (Universität Bochum) geleitet und gemeinsam mit Dr. Jan Breder, Dr. Ivonne Kaiser und Dr. Ulf Weber durchgeführt."

Mit dem Fund des Theaters in Didyma kann womöglich ein weiteres, langjähriges Rätsel gelöst werden. Bei den ersten deutschen Ausgrabungen Anfang des 20. Jhs. wurden Bauteile eines sogenannten Tabernakelbaues gefunden, der für die Fassaden von Nymphäen und Toranlagen, aber auch für die von Bühnengebäuden typisch war. Im Apollonheiligtum von Didyma existierte jedoch bislang kein Fundament, mit dem man diese Teile hätten verbinden können. Da nun die Existenz eines Theaters erwiesen ist, gilt es zu überprüfen, ob die Tabernakelfassade zum Bühnenhaus gehört hat; dessen Unterbau im kommenden Jahr ausgegraben werden soll. Wenn sich die vermutete Verbindung mit der Tabernakelfassade bestätigt, hätte man auch eine sichere Datierung gewonnen, da diese neben Apollon u. a. dem römischen Kaiser Hadrian (117-138 n. Chr.) geweiht ist. So ließe sich diese Phase des Theaters in die Blütezeit des Römischen Reiches einordnen.

Der Fund des Theaters von Didyma ist ferner deshalb bedeutend, weil wir vom Apollonheiligtum bisher fast ausschließlich seinen riesigen Marmortempel (60 m x 120 m im Grundriss messend) kennen, der zu den größten und am besten erhaltenen Tempeln der Antike gehört. Da am Ort des antiken Didyma im 18. Jh. eine neue Siedlung entstand, waren den Ausgrabungen von Beginn an enge Grenzen gesetzt. Um den Tempel freizulegen, wurde zwar ein Teil der modernen Bebauung abgetragen, doch die Häuser im unmittelbar angrenzenden Areal bestanden weiter, sodass das Zentrum des Heiligtums nicht weiter freigelegt werden konnte. Dementsprechend konzentrierten sich die Grabungen seit den siebziger Jahren des 20. Jhs. dann auch auf das Gebiet im Norden des Tempels, wo man z. B. den Endabschnitt der gepflasterten Heiligen Straße, Hallen mit Läden und eine römische Therme freilegte. Weitere, insbesondere aus den Inschriften bekannte Großbauten konnten dabei jedoch nicht lokalisiert werden.

Erst in den letzten Jahren hat sich die Ausgangsposition für die archäologische Erschließung der berühmten Orakelstätte grundlegend geändert, da mittlerweile viele Wohnhäuser des 18. und 19. Jhs. verlassen und eingestürzt sind. Damit ergeben sich rund um den Apollontempel ganz neue Grabungsmöglichkeiten, und durch die Auffindung des Theaters wird nun eindrucksvoll deutlich, dass in Didyma in den nächsten Jahren mit der Entdeckung weiterer Großbauten zu rechnen ist.

Der Grabungsleiter von Didyma ist Prof. Dr. Andreas Furtwängler (Universität Halle). Das an der Universität Bonn angesiedelte Projekt „Kulte im Kult" der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste wird von Prof. Dr. Helga Bumke (Universität Bochum) geleitet und gemeinsam mit Dr. Jan Breder, Dr. Ivonne Kaiser und Dr. Ulf Weber durchgeführt."

Literatur

J. Breder - H. Bumke - I. Kaiser - U. Weber, Kulte im Kult - Der sakrale Mikrokosmos in extraurbanen griechischen Heiligtümern am Beispiel von Didyma, Kölner und Bonner Archaeologica 1, 2011, 181-187 Abb. 2-3.

J. Breder - H. Bumke, Die Kulte von Didyma im Licht neu entdeckter Bauten, Antike Welt, Heft 2, 2016, 58-60 Abb. 8-9.

M. Gybas, Das Theater in der Stadt und die Stadt im Theater. Urbanistischer Kontext und Funktionen von Theatern im kaiserzeitlichen Kleinasien, Antiquitates - Archäologische Forschungsergebnisse, 69 (Hamburg 2018) 234 Kat. 30.

weblinks:

Öffnet externen Link in neuem Fensterwww.dainst.org/de/pressrelease/antikes-theater-entdeckt?ft=all

Öffnet externen Link in neuem Fensterwww.dainst.org/de/project/didyma?ft=all

Öffnet externen Link in neuem Fensterwww.ai.uni-bonn.de/lehre-und-forschung/projekt-kulte-im-kult-1

Veranstaltungen

Didymeia

Literatur allgemein: P. Herrmann, Eine Kaiserurkunde der Zeit Marc Aurels aus Milet, Istanbuler Mitteilungen 25, 1975, 159-163. 

Inschrift aus Kos zur Einrichtung der Didymeia, um 200 v. Chr.; Dittenberger, Syl3 590: 

„Im Amtsjahr des Hippokrates, Monat Artemitios. Beschluß des Rates und des Volkes, Beschlussvorlage der Epistatai. Herakleotes, Sohn des Dionysodoros, stellte den Antrag: Da das Volk der Tradition entsprechend die Feste und Agone in Didyma zu Ehren des Apollon von Didyma und da die Stadt und ihre Gemarkung geheiligt worden sind durch die an diesem Ort vollzoge Vereinigung von Leto und Zeus sowie durch die Orakelsprüche des Gottes, aufgrund derer nicht wenige Völkerschaften, Städte sowie diejenigen Könige, welche die größte Förderung erfahren haben durch die Ratschläge seitens des Gottes, die Heiligung und die Asylie spontan proklamierten und damit dem Gott sowie der Stadt den hierfür gebührenden Dank erwiesen, und da es dem Volk wohl ansteht, entsprechend den ergangenen Oraklesprüche zu handeln und den Agon der Didymeia als Kranzagon auszurichten und die Griechen hierzu einzuladen, weil ja die Wohltaten ihnen allen vom Gott erwiesen worden sind, so soll es Beschluß des Rates sein, dass man Gesandte zu den Koern wählt, die Freunde und Verbündete unseres Volkes sind, und dass die Gewählten nach ihrer Ankunft (in Kos) einen Bericht über die Verdienste des Orakels gegenünber den Königen und allgemein den Griechen geben sowie über die vom Volk ihnen erwiesenen Wohltaten und dazu aufrufren und darum ersuchen, in Anbetracht der Haltung, welche das Volk allzeit kontinuierlich bezüglich des die Agone betreffendes Prestiges einnimmt, ebenfalls entsprechend zu handeln und mit beizutragen zur Vermehrung der Ehren für den Gott sowie des diesbezüglichen Engagements des Volkes und seines Einsatzes durch die Anerkennung des Agons als eines Kranzagons und durch das Festsetzen von möglichst hohen Ehrungen für die Sieger – in dem Bewusstsein, dass das Volk in seiner Dankbarkeit versuchen wird, sich ihnen in der Weise erkenntlich zu zeigen, die angemessen ist ihrer dem Göttlichen gezeigten Frömmigkeit und ihrer der Stadt erwiesenen freundlichen Gesinnung. Als Gesandte wurden gewählt: Demosthenes, Sohn des Erginos, und Simos, Sohn des Aristophon.“ 

Lit.: R. Herzog, Das panhellenische Fest und die Kultlegende von Didyma, Preußische Akademie der Wissenschaften Berlin, Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Klasse 47, 1905;  W. Günther, Das Orakel von Didyma (1971) 101 ff.; G. E. Bean, Kleinasien I. Die ägäische Türkei von Pergamon bis Didyma (Stuttgart 1969) 244; K. Brodersen – W. Günther – H. H. Schmitt, Historische griechische Inschriften in Übersetzung, III. Der griechische Osten und Rom (250-1 v. Chr.). Texte zur Forschung 71 (Darmstadt 1999) 45 Nr. 436. 

Ehrungen für die Stiftung einer Säulenhalle in durch Antiochos I., OGIS 213 (299 v. Chr.): 

„… Er (Antiochos) soll zur Prohedrie in Milet bei den Dionysien und in Didyma bei den kyklischen Agonen der Didymeia eingeladen werden. …”

Lit.: A. Rehm, Die Inschriften. Didyma II (Berlin 1958) 282 Nr. 479; W. Günther, Das Orakel von Didyma (Berlin 1971) 29 ff.; D. F. McCabe – M. A. Plunkett, Didyma Inscriptions (Princeton 1985) 1 f. Öffnet externen Link in neuem FensterNr. 7; K. Bringmann – H. von Steuben (Hrsg.), Schenkungen hellenistischer Herrscher an griechische Städte und Heiligtümer, I. Zeugnisse und Kommentare (Berlin 1995) 338 Nr. 281 mit deutscher Übersetzung. 

Siegerinschrift eines Enkomiasten; CIG 2883b:

„Zum guten Glück. Den ... ianios Artemidoros, der im Enkomion siegte, (ehren) die Agonotheten.”

Die Inschrift wurde von Günther neu gelesen. Demnach wird in der Siegerinschrift ein Teilnehmer im Wettbewerb der Enkomiasten geehrt. Nach der älteren und überholten Lesung war das Fest der Pythia Panionia der Rahmen, in dem der Sieger auftrat, nach der neuen Lesung ist der Name des Festes nicht genannt, kann aber in Didyma selbstverständlich als des Fest der Didymeen vorausgesetzt werden.

Lit.: IvDidyma 200; W. Günther, Didymea reperta. Zu zwei wiedegefundenen Inschriften, Mitt DAI Istanbul 46, 1996, 248-250 Taf. 43,2.