Mainz, Luftbild des römischen Theaters (Bild: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Landesarchäologie Mainz).

Inschriften

Eine fragmentierte Bauinschrift mit Erwähnung eines Wiederaufbaues (?) könnte auf das Theater, aber auch eine Thermenanlage zu beziehen sein. Sie wurde 1858 bei einem Pfeiler der ehemaligen Rheinbrücke, wohin sie als Spolie verschleppt worden sein kann, gefunden und befindet seitdem im Landesmuseum Mainz.

CIL XIII 6804:

pon]tifex max(imus) t[rib pot … cos
p p proco]s opus the[atrum (?) vetus-
tate conlaps]um leg XXII A[ntoninianae
devotae ]numini suo [ restituit

CIL XIII 7193:

G // XXIX // F(?) // A // L // XX // F // I(?)

Kommentar: Einzelne Bronzebuchstaben, die 1872 in der Umgebung des Fürstenberger Hofs gefunden wurden, sind von Gustav Behrens ebenfalls in hypothetischer Weise mit dem Theater in Verbindung gebracht worden. Die Zuweisung einer solch monumentalen Inschrift aus Bronzebuchstaben an ein Theater ließe sich durch zahlreiche Parallelen untermauern, müßte in Mainz aber durch weitere Argumente abgestützt werden.

Lit.: Öffnet externen Link in neuem FensterK. Körber, Inschriften des Mainzer Museums, 3. Nachtrag zum Becker´schen Katalog (Mainz 1900) 110 Nr. 177.

Maße

Dm cavea 116,25 m
Dm orchestra 41,25 m
Br pulpitum 41,25 m

Lage

Öffnet externen Link in neuem FensterGoogle-earth

Mainz, Grundriss des römischen Theaters (Plan: GDKE Landesarchäologie Mainz, aus „Bühnentheater Mainz“ / Flyer zum Tag des offenen Denkmals 2021)

Beschreibung

Mainz, römisches Theater, Luftbild (Photo: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Landesarchäologie Mainz).
Mainz, Lageplan des römischen Theaters (nach Neeb).

Die cavea lehnt am natürlichen Hang des Jakobsberges, auf dem sich heute die Zitadelle mit dem Drususstein befindet und die Luther-Kirche liegt. Bereits 1884 stieß man bei Anlage des unterhalb vom Theater gelegenen Südbahnhofs auf Reste des Baues, die aber erst von Neeb und Drexel im Jahre 1915 als solche erkannt wurden. Eine weitere Ausgrabung 1916 erbrachte einen lange Zeit gültigen Plan, der durch die neuen Ausgrabungen des Landesarchäologie Mainz seit dem Jahre 1999 erweitert und korrigiert wurde.

Erhalten haben sich Fundamente des Theaters, die vieles von seiner ursprünglichen architektonischen Form erkennen lassen. So ruhte die cavea an ihrem äußeren Rand auf annähernd quadratischen Pfeilern, über denen man eine mehrstöckige Arkadenarchitektur ergänzen wird, wie sie beispielsweise am Öffnet internen Link im aktuellen FensterMarcellus-Theater in Öffnet internen Link im aktuellen FensterRom oder vielen anderen Theaterbauten der Mittelmeerwelt noch gut sichtbar erhalten ist. Durch diese Arkaden gelangte man in einen ersten äußeren Umgang, von dem aus man in vielen anderen Theaterbauten Treppenaufgänge zu den obersten Zuschauerplätzen erreichen konnte: Hierauf fanden sich bei den Ausgrabungen in Mainz erhaltungsbedingt allerdings keine Hinweise. Nach den äußeren Pfeilerfundamenten folgte eine zweite Reihe konzentrisch angeordneter rechteckiger Fundamente, denen ein zweiter Umgang unter den Zuschauerrängen folgte. Auch zwischen diesen Fundamenten ließen sich keine Reste von Treppenaufgängen in das Auditorium beobachten. Sodann folgt eine dritte Reihe von Pfeilerfundamenten, die an einen inneren Kreis konzentrisch angeordneter Radialmauern angebaut sind. Zwischen beiden verlief ein dritter begehbarer Umgang, von dem sich noch die Ansätze seiner Überwölbung erhalten haben. Auch die vorher beschriebenen Zwischenräume der Pfeilerfundamente hat man sich mit Wölbkonstruktionen bedeckt vorzustellen. Zwischen den dann nach innen folgenden Radialmauern wird man ebenfalls Wölbkonstruktionen ergänzen; erneut ließen sich in diesen Räumen aber keine Treppenaufgänge beobachten. Die erwähnten Radialmauern wurden an eine konzentrisch verlaufende Ummauerung der orchestra angesetzt. Die Auswertung des Baubefundes wird ergeben müssen, ob sich an dieser Stelle nicht allein aufeinander folgende Schritte in der Bauausführung, sondern auch chronologisch zu differenzierende, unterschiedliche Bauphasen manifestieren.

Die radial angeordneten Fundmamente spiegeln sicherlich die darüber verlaufenden Umgänge (maeniana) und Zuschauerränge der cavea.  Demnach wird man die Existenz eine ima, media und summa cavea, also drei verschiedener Ränge, unterscheiden dürfen, wie es einem typisch römischen Theater zukommt. Auch die Existenz einer porticus in summa cavea wird man annehmen dürfen. Im Unterschied zu einem ebenerdig angelgten römischen Theater, wie etwa jenem in Öffnet internen Link im aktuellen FensterSabratha oder den stadtrömischen Theatern des Öffnet internen Link im aktuellen FensterPompeius oder des Öffnet internen Link im aktuellen FensterMarcellus, verkompliziert sich die mögliche Zugangssituation mittels Treppen zwischen den Fundamentmauern beträchtlich und man wird die räumlichen Möglichkeiten von Treppenführungen erst nach Fertigstellung der zeichnerischen Rekonstruktionen und eines Geländemodells beurteilen können. Dennoch wird man schon jetzt voraussetzen dürfen, dass man das Theater auch - aber nicht unbedingt nur - durch die äußere Arkadenfassade betreten konnte, also aus Richtung des Drusus-Steins, in dessen Umfeld Gedenkfeiern für Drusus und Germanicus stattfanden.

Der halbrunde Zuschauerraum wird durch eine gerade verlaufende Öffnet internen Link im aktuellen Fensteranalemma-Mauer begrenzt, an der auf beiden Seiten überwölbte Gänge als Öffnet internen Link im aktuellen Fensteraditus maximus verlaufen. Zugänge aus den aditus maximi zu den Zuschauerrängen scheinen nicht existiert zu haben. Wie sonst oft zu beobachten, wird man aber annehmen dürfen, dass herausgehobene Persönlichkeiten über diese Zugänge das Theater betraten und anzunehmende Ehrensitze in der orchestra erreichen konnten. Über die tribunalia, auf denen der Spielegeber Platz nehmen konnte, ist nichts bekannt. Im Bühnengebäude befindet sich ein leicht trapezförmiger Rücksprung von der Breite der Öffnet internen Link im aktuellen Fensterorchestra für die römische Bühne bzw. das Öffnet internen Link im aktuellen Fensterpulpitum. Gerade weil das Theater nachweislich auch in der Spätantike genutzt und großen Baumaßnahmen unterzogen war, wird man sich fragen, ob die in der Spätantike so beliebten Wasserspiele auch hier stattfanden. Möglicherweise wird die Veröffentlichung des Baubefundes hierzu Aufklärung bringen.

Dem Bühnengebäude wurde von Behrens versuchsweise der Rest einer bronzenen Tür aus dem Gebiet des Albansberges zugewiesen, deren Reste sich im Museum Wiesbaden befinden (Öffnet externen Link in neuem FensterNass. Ann. 4, 1, 205). Über die aufgehende Architektut der scaenae frons ist sonst kaum etwas bekannt, was seine generelle architektonische Disposition erhellen könnte. Der Fund eines fein dekorierten Gesimsblockes gibt immerhin eine Ahnung, dass hier mit einer hochwertigen ornamentalen Gestaltung zu rechnen ist. Hinter der Bühnenwand lagen weitere Räumlichkeiten, die heutzutage unter dem Südbahnhof liegen, und möglicherweise eine Öffnet internen Link im aktuellen Fensterporticus post scaenam.

Die sichtbaren Fundamente haben eine äußere Schale aus grob behauenen Kalksteinquadern und einen Kern aus opus caementicium. Mehrere Lagen aus Ziegeln durchziehen das Mauerwerk. Im Mauerwerk fanden sich eine Münze aus der Zeit von Konstantin d.Gr. und Ziegel mit Stempeln der legio XXII primigenia pia fidelis, die entweder zwischen 308 und 310 oder erst 355 und 360 datiert werden können. Mauerwerk mit Ziegelbändern sind auch in zahlreichen anderen gallischen Theatern zu beobachten, wie in Alléans, Öffnet internen Link im aktuellen FensterBonnée, Öffnet internen Link im aktuellen FensterGenainville, Kérilien, Öffnet internen Link im aktuellen FensterLillebonne, Öffnet internen Link im aktuellen FensterLisieux, Orléans, Öffnet internen Link im aktuellen FensterRouen, Öffnet internen Link im aktuellen FensterTriguères, Öffnet internen Link im aktuellen FensterValognes, Öffnet internen Link im aktuellen FensterVieil-Evreux, Öffnet internen Link im aktuellen FensterVieux. Allgemein wird dieses Mauerwerk ab ca. hadrianischer Zeit datiert, in Mainz scheint es noch erheblich jünger zu sein.

Verzierter Block des Bühnengebäudes vom römischen Theater in Mainz.

Ausstattung

Der scaenae frons ist möglicherweise ein sehr hochwertig skulpierter Reliefbock zuweisbar. Er wird im Unterschied zum dem nach jetzigem Kenntnisstand in das 4. Jh. datierbaren Steintheater aber bereits in die Zeit von Kaiser Augustus datiert und müsste demnach zur Bühne eines möglicherweise weitgehend in Holz errichteten Vorgängerbaues gehört haben.

Davon abgesehen wird man sich vor Augen halten müssen, dass die Hauptakteure der Gedenkfeiern für Drusus und Germanicus, die deren wichtigsten Akt vollzogen, nämlich das Opfer für die Verstorbenen in der unmittelbaren Nähe des Drusus-Steines, jene Personen waren, die zunächst Oberkommandierender des obergermanischen Heeres und dann nach der Gründung der Provinz Germania superior der Statthalter der Provinz waren. Immerhin bewiesen die Akteure der seinerzeitigen Mainzer Politik Sinn für ihre eigene Repräsentation, wie der Legat der Mainzer legio XIV Gemina Martia Victrix mit Namen Öffnet internen Link im aktuellen FensterP. Baebius Italicus, der von hier aus im Jahre 83 einen Krieg gegen die Chatten führte und ca. 2 Jahre später eine Ehrenstatue im Theater von Öffnet internen Link im aktuellen FensterTlos erhielt. Auch Hadrian hielt sich in Mainz als Militärtribun der legio XXII Primigenia Pia Fidelis auf und vermutlich ein zweites Mal als Kaiser: Im Öffnet internen Link im aktuellen FensterDionysos-Theater zu Athen erhielt er verschiedene Öffnet internen Link im aktuellen FensterEhrenstatuen. Öffnet internen Link im aktuellen FensterPublius Pomponius Secundus führte von hier aus in den Jahre 50/51 n.Chr. einen erfolgreichen Krieg gegen die Chatten und war außerdem römischer Tragödiendichter. Man wird vermuten, dass durch Ehrungen in Form von Inschriftensockeln und zugehörigen Ehrenstatuen von solchen Persönlichkeiten auch das Mainzer Theater bereichert wurde. Auch Porträts der römischen Kaiser und ihrer Familienmitglieder werden kaum gefehlt haben.

Literatur

Ernst Neeb, Bericht über die Vermehrung der Sammlungen des Altertumsmuseums der Stadt Mainz, Mainzer Zeitschrift 10, 1915, 75-78.

Ernst Neeb, Bericht über die Vermehrung der Sammlungen des Altertumsmuseums der Stadt Mainz, Mainzer Zeitschrift 12/13, 1917/18, 68-76.

Ernst Neeb, Germania 1, 1917, 54.

Gustav Behrens, Verschwundene Mainzer Römerbauten, Mainzer Zeitschrift 48/49, 1953/54, 78.

Wilhelm Reusch, Antike Theater in den Rhein- und Mosellanden, Lebendiges Rheinland-Pfalz 1/4, 1964, 58-59.

Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 11 (Mainz 1973) 118 (H. Klumbach).

Karl-Viktor Decker – W. Selzer, ANRW II 5,1 (Berlin/New York 1976) 505-506.

Urs Niffeler, Römisches Lenzburg: Vicus und Theater, Veröffentlichungen der Gesellschaft Pro Vindonissa 8 (Brugg 1988) 137. 151.

Ch. Landes u. a. (Hrsg.), Le goût du théâtre à Rome et en Gaule romaine – Katalog der Ausstellung Museum Lattes (Lattes 1989) 60.

Heinz Cüppers (Hrsg.), Die Römer in Rheinland-Pfalz (Stuttgart 1990) 463-464 Abb. 379.

Marion Witteyer, Mogontiacum. Militärbasis und Verwaltungszentrum. Der archäologische Befund, in: F. Dumont - F. Scherf - F. Schütz (Hrsg.), Mainz. Die Geschichte der Stadt (Mainz 19992) 1042-1043.

P. Ciancio Rossetto - G. Pisani Sartorio (Hrsg.), Teatri greci e romani, II (Rom 1994-96) 62-63.

Gert Rupprecht, Wo einst Gedenkfeier und Schauspiel stattfanden, Antike Welt 31, 2000, 157-161.

Gert Rupprecht, Bildfries aus römischem Theater geborgen, Antike Welt 34/1, 2003, 83.

Jens Dolata - C. Goedicke,Datierung von opus caementicium aus dem Bühnentheater Mainz mittels optisch stimulierter Luminiszenz, in: Archäometrie und Denkmalpflege Kurzberichte 2004. Zusammenfassung der Vorträge und Poster Jahrgestagung 2004 Reiss Engelhorn Museum Mannheim (Mannheim 2004) 107-109.

Jens Dolata - H.-G. Bartel - H.-J. Mucha, Provenienz von Ziegeln aus dem römischen Theater in Mainz: Archäologische Bewertung von clusteranalytischen Resultaten, in: Archäometrie und Denkmalpflege Kurzberichte 2006. Zusammenfassung der Vorträge und Poster Jahrgestagung 2006 Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (Stuttgart 2006)

Frank Sear, Roman Theatres – An Architectural Study (Oxford 2006) 218 f. Abb. 158.

Gert Rupprecht, Die älteste Theaterstadt Deutschlands, in: F. Dumont (Hrsg.), Mainz. Menschen - Bauten - Ereignisse: Eine Stadtgeschichte (Mainz 2010) 41-44.

Rüdiger Gogräfe, Theater im römischen Reich. Bühne für Schauspieler, die Feiern des Imperiums und die Sponsoren des Reiches (Mainz 2013) 59-61 Abb. 40.

Christine Ertel - Walburg Boppert, Ein frühkaiserzeitliches Konsolengesims aus dem römischen Theater in Mainz, in: M. Trier - F. Naumann-Steckner (Hrsg.), 40 Jahre Römisch-Germanisches Museum: (1974-2014): Sonderausstellung 10. April bis 9. Juni 2014 (Köln 2014) 80-81.

Alexander Puk, Das römische Spielewesen in der Spätantike, Millennium-Studien, 48 (Berlin - Boston 2014) 92. 301. 303. 383 Taf. 108,140.

W. Boppert, Ein frühkaiserzeitliches Konsolengesims aus dem Theater in Mogontiacum (Mainz, Germania superior), in: Cult and votive monuments in the Roman provinces: proceedings of the 13th International Colloquium on Roman Provinical Art, Bucharest, Alba Iulia, Constanţa, 27th of May - 3rd of June 2013: within the framework of Corpus Signorum Imperii Romani (2015) 223-232.

Christine Ertel, Der Kaiserkultbezirk von Mogontiacum (Mainz), Mainzer Archäologische Zeitschrift, 10, 2015, 1-48.

Walburga Boppert, Zur Dekoration der Metopen am Konsolengesims aus dem Theater in Mainz, Mainzer Archäologische Zeitschrift 10, 2015, 49-77.

Jens Dolata,Das römische Bühnentheater. Entdeckung, Identifizierung und Erhaltung eines spätantiken Baumonuments, in: W. Dobras (Hrsg.), Eine Zeitreise in 175 Geschichten - Der Mainzer Altertumsverein 1844-2019, Mainzer Zeitschrift 114, 2019, 346-347.

Bernd Funke, Das Mainzer römische Theater. Theatrum quo vadis? Fund, Erforschung und Bewahrung (Bodenheim 2022)

Alexander Heising, Mogontiacum-Mainz in der Spätantike - ein Forschungsbericht zur konstantinischen Epoche, in: A. Reis (Hrsg.), Das Rhein-Main-Gebiet in der Spätantike - Beiträge zur Archäologie und Geschichte, Akten der Tagung in Obernburg am Main vom 12.-13. April 2018 (Büchenbach 2022) 93-96.

weblinks:

Öffnet externen Link in neuem Fenstercommons.wikimedia.org 

Öffnet externen Link in neuem FensterZiegelforschung

Mainz, römisches Theater (Photo: R. Gogräfe)

Veranstaltungen

 

Unmittelbare Zeugnisse von Aufführungen im römischen Theater von Mainz sind gering - wie vielfach auch andernorts. Eine Ausnahme bildet das vermutlich zu Ehren der älteren Agrippina veranstaltete spectaculum. Die historisch belegten Gedenkfeiern zu Ehren von Drusus und Germanicus waren möglicherweise mit Feiern im Theater verbunden - wirklich belegbar ist dies allerdings nicht. Schließlich hatte der Festkalender der Stadt Rom auch in den Städten des Reiches seine Gültigkeit, wir wissen jedoch wenig darüber, mit wie vielen Abstrichen man bei der Zelebrierung der dort aufgeführten Spiele in der Provinz rechnen muss. In einer politisch so wichtigen Stadt wie Mainz sollten aber wenigstens die Ehrenfeiern für das römische Kaiserhaus stattgefunden haben, die zu einem Teil mit Vorführungen im Theater verbunden waren. Schließlich ist es undenkbar, dass die Mainzer Garnison ohne die Unterhaltungen in Theater und Arena auskommen sollte. Ein wertvolles allgemeines Zeugnis bietet der Öffnet externen Link in neuem FensterPresbyter Salvian von Marseille, der das Aussterben der Spiele für Mainz am Ende der Antike ausdrücklich hervorhebt - was im Umkehrschluß bedeutet, dass die Metropole am Rhein einst für ihre Aufführungen berühmt war.

Quellen

Salvian, de gubernatione Dei VI 39 (Öffnet externen Link in neuem Fensterlateinischer Text):

„Man kann freilich entgegnen, dass es keine Spiele in den römischen Städten mehr gibt, auch dort nicht, wo sie vorher immer stattfanden. Man spielt nicht in der Stadt Mainz, weil sie verwüstet und zerstört ist; man spielt nicht in Köln, weil es voll von Feinden ist; man spielt nicht in der brühmten Stadt Trier, weil sie durch viermalige Zerstörung zugrunde gegangen ist; man spielt schließlich nicht mehr in den meisten Städten Galliens und Spaniens."

Öffnet internen Link im aktuellen Fensterdecursio für Drusus den Älteren

Öffnet internen Link im aktuellen Fensterspectaculum

Öffnet internen Link im aktuellen Fenster„dies natalis" des Germanicus

 

Feierlichkeiten zum Gedenken an den Tod von Drusus dem Älteren.

Mainz, Ansicht des Eichel- bzw. Drusus-Steins bei Pater Fuchs, Alte Geschichte von Mainz, I (Mainz 1771) Taf. 26.
Mainz, Ansicht des aktuellen Zustandes des Eichel-Steins bzw. vom Grabdenkmal des Drusus.

Alljährlich fand am Kenotaph des Drusus zum Gedenken an seinen Tod am 14. September 9 v.Chr. während des Feldzuges an die Elbe eine militärische Parade statt, eine sog. decursio. Das in der antiken Literatur erwähnte Grabdenkmal des Drusus konnte mit einigem Recht mit dem sog. Eichelstein auf der Mainzer Zitadelle identifiziert werden. Zu römischer Zeit bildete dieses Areal eine große Freifläche im Vorfeld des Mainzer Legionslagers. Mit der Militärparade war eine supplicatio der civitates Galliarum verbunden, d. h. ein Bittfest von führenden Vertretern der gallischen Gemeinden. Mit dieser Gedenkfeier wurden von H. Bellen (391. 393) Veranstaltungen im römischen Theater in Verbindung gebracht, das schließlich nur wenige Meter entfernt vom Eichel- bzw. Drususstein liegt. Diese Schlussfolgerung liegt nahe, doch ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass das heute sichtbare Mainzer Theater aus Stein in der Zeit dieser Ereignisse noch nicht existierte. Wohl könnte es einen Vorgängerbau aus Holz gegeben haben, der – wie in Öffnet internen Link im aktuellen FensterFeurs epigraphisch nachgewiesen – bald in Stein ersetzt wurde. Wenn man davon ausgeht, dass die Feiern zu Ehren des römischen Feldherrn noch lange Zeit nach dessen Tod abgehalten wurden, dann könnte auch das jetzt sichtbare Theater Ort dieser Veranstaltung gewesen sein.

Eine decursio war eine militärische Parade, die bei besonderen Anlässen abgehalten wurde. Diese war bereits bei den Griechen bekannt und fand um den Scheiterhaufen eines verstorbenen Führers statt (Homer, Ilias XXIII 13). In römischer Zeit fanden diese Paraden ihre glanzvolle Fortführung (Stat. Theb. VI 198 ff.; Vergil, Aeneis XI 188 ff.; Livius XXV 17; Appian, bellum civile I 106; Lucan VIII 735; Cassius Dio LVI 42,2; Tac., ann. II 7; Sueton, Nero 7. decursio albata in CIL III 14 387ff. erwähnt). Bei einer solchen Gelegenheit konnten die römische Paradeuniformen vorgeführt werden. Solches ist auf dem Piedestal der Ehrensäule des Antoninus Pius in Rom dargestellt (Öffnet externen Link in neuem FensterBild). Die Verbindung zu Veranstaltungen im Theater ist bei solchen Feiern aber nicht zwingend, sie sind kein konstituierender Bestandteil davon. Andererseits dienten Theater auch als Versammlungsstätten verschiedenster Zwecke, wie manchmal die Gunst der historischen Überlieferung belegen kann. Angesichts der Präsenz führender Vertreter der gallischen civitates bei der decursio in Mainz gab es Bedarf für eine Versammlungsstätte: Solches war in der Regel ein Theaterbau.

Quellen

Sueton, Claudius I 1. 3:

[1] Patrem Claudi Caesaris Drusum, olim Decimum mox Neronem praenomine, Liuia, cum Augusto grauida nupsisset, intra mensem tertium peperit, fuitque suspicio ex uitrico per adulterii consuetudinem procreatum. … [3] quas ob res ouandi ius et triumphalia ornamenta percepit; ac post praeturam confestim inito consulatu atque expeditione repetita supremum diem morbo obiit in aestiuis castris, quae ex eo Scelerata sunt appellata. corpus eius per municipiorum coloniarumque primores suscipientibus obuiis scribarum decuriis ad urbem deuectum sepultumque est in campo Martio. ceterum exercitus honorarium ei tumulum excitauit, circa quem deinceps stato die quotannis miles decurreret Galliarumque ciuitates publice supplicarent. praeterea senatus inter alia complura marmoreum arcum cum tropaeis uia Appia decreuit et Germanici cognomen ipsi posterisque eius.

„Drusus, der Vater des Kaisers Claudius, trug zuerst den Vornamen Decimus, dann Nero. Er war der Sohn Livias, die, als sie schon schwanger war, Augustus’ Gattin wurde .... Bald nach seier Prätur zum Konsul gewählt, nahm er seinen Feldzug wieder auf, starb aber an seiner Krankheit im Sommerlager, das man aus diesem Grunde „Verfluchtes Lager“ nannte. Seine Leiche wurde von den Würdenträgern der Land- und Koloniestädte begleitet, dann von den Dekurien der Staatsschreiber auf dem Weg übernommen und nach Rom gebracht. Begraben wurde er auf dem Marsfeld. Ferner errichtete ihm das Heer einen Ehrengrabhügel, um den jedes Jahre an einem bestimmten Tag die Soldaten defilierten und bei dem die gallischen Stämme von Staats wegen Opfer darbrachten. Außerdem ließ der Senat neben vielen anderen Ehrungen an der appischen Straße einen marmornen Triumphbogen mit Siegeszeichen für ihn errichten und verlieh ihm und seinen Nachkommen den Beinamen Germanicus.“ (Übers. A. Lambert)

Cass. Dio LV 2, 3:

(1) „Die geschilderten Ereignisse trugen sich unter dem Konsulat des lullus Antonius und Fabius Maximus zu. Im Jahre darauf (9 v. Chr.) wurde Drusus zusammen mit Titus Crispinus Konsul, und böse Vorzeichen taten sich ihm kund: Viele Bauwerke wurden durch Sturm und Blitzschläge zerstört, darunter eine große Zahl von Tempeln. Auch das Heiligtum des luppiter Capitolinus und der mit ihm dort verehrten Götter wurde beschädigt.
(2) Drusus indessen kümmerte sich nicht darum, brach vielmehr ins Chattenland ein und rückte bis zum Gebiet der Sueben vor, wobei er die von ihm durchzogenen Gaue nur unter Mühen unterwarf und die Feinde, die ihm entgegentraten, in blutigen Kämpfen besiegte. Von dort nahm er seinen Weg ins Land der Cherusker, überschritt die Weser und stieß, alles verwüstend, bis zur Elbe vor.
(3) Der Strom kommt aus dem Vandalengebirge und ergießt sich in großer Stärke in den nördlichen Ozean. Dieses Gewässer wollte nun Drusus ebenfalls überqueren, doch mißlang der Versuch, und er mußte sich begnügen, Siegeszeichen aufzurichten. Dann trat er den Rückzug an. Ein Weib von übermenschlicher Größe stellte sich ihm ja mit den Worten entgegen: «Wohin willst du denn, unersättlicher Drusus? Dir ist es nicht vergönnt, alle diese Lande zu schauen. Zieh also ab; denn schon ist das Ende deiner Taten und deines Lebens da!»
(4) Es ist zwar verwunderlich, daß solch eine Stimme irgendeinem Menschen von seiten der Gottheit zuteil geworden sein soll, doch sehe ich keinen Grund, nicht daran zu glauben; ging doch die Prophezeiung alsogleich in Erfüllung: Drusus kehrte eiligst um, und ehe er noch den Rhein erreichte, starb er mitten auf dem Wege an einer Krankheit.
(5) Und eine Bestätigung für die Wahrheit des Berichtes liegt für mich in folgenden Tatsachen, daß Wölfe unmittelbar vor seinem Tode das Lager umkreisten und heulten, daß man auch zwei junge Männer mitten durch die Verschanzung reiten sah und Klagerufe wie von Frauen zu hören waren. Außerdem schossen Sterne quer über den Himmel hin.
2 (1) So viel von diesen Geschehnissen. Augustus aber, der gleich zu Beginn - er weilte ja nicht weit entfernt - von Drusus' Erkrankung erfuhr, entsandte in aller Eile Tiberius zu ihm. Der fand ihn noch am Leben; nach dem Tode aber führte er die Leiche seines Bruders nach Rom, wobei er sie auf der ersten Wegstrecke bis zum Winterlager des Heeres durch die Centurionen und Militärtribunen und von dort aus jeweils durch die vornehmsten Bürger der Städte tragen ließ.
(2) Als dann der Tote prunkvoll auf dem Forum aufgebahrt lag, erhielt er zwei Nachrufe: Tiberius widmete ihm dort eine Lobrede, desgleichen tat Augustus im Circus Flaminius. Der Kaiser hatte sich nämlich auf einem Feldzug befunden, und da durfte er nicht die zu Ehren seiner Erfolge üblichen Bräuche gleichzeitig mit dem Betreten des Pomeriums erfüllen.
(3) Der Tote wurde von den Rittern, die im strengen Sinne diesem Stande zugehörten, und von jenen, welche senatorischer Herkunft waren, zum Campus Martius getragen, dort den Flammen übergeben und dann im Grabmal des Augustus beigesetzt. Zusammen mit seinen Söhnen erhielt er den Beinamen Germanicus; außerdem wurde er durch Standbilder, einen Triumphbogen und einen Kenotaph unmittelbar am Rheinufer geehrt.“ (Übers. O. Veh)

Lit.:
H.-U. Instinsky, Historische Fragen des Mainzer Drususdenkmals, Jahrb. RGZM 7, 1960, 180-196; 
H. Bellen, Das Drususdenkmal apud Mogontiacum und die Galliarum civitates, Jahrb. RGZM 31, 1984, 385-396
G. Horsmann, Untersuchungen zur militärischen Ausbildung im republikanischen und kaiserzeitlichen Rom (Mainz 1988) 175 ff. bes. 183; Öffnet externen Link in neuem FensterW.D. Lebek, Die Mainzer Ehrungen für Germanicus, den älteren Drusus und Domitian, ZPE 78, 1989, 45-82
R. Haensch, Capita provinciarum. Statthaltersitze und Provinzialverwaltung in der römischen Kaiserzeit, Kölner Forschungen, 7 (Mainz 1997) 153.
P. Herz, Das römische Heer und der Kaiserkult in Germanien, in: W. Spickermann - H. Cancik - J. Rüpke (Hrsg.), Religion in den germanischen Provinzen Roms (Tübingen 2001) 91-116.
W. Spickermann, Germania Superior. Religionsgeschichte des römischen Germanien, I, Religion der römischen Provinzen, 2 (Tübingen 2003) 85-88.
Wolfgang Spickermann, Mogontiacum (Mainz) als politischer und religiöser Zentralort der Germania Superior, in: H. Cancik - A. Schäfer - W. Spickermann (Hrsg.), Zentralität und Religion - Zur Formierung urbaner Zentren im Imperium Romanum, Studien und Texte zu Antike und Christentum, 39 (Tübingen 2006) 168-171.
Chr. Witschel, Die Wahrnehmung des Augustus in Gallien, Illyrien und in den Nordprovinzen, in: ders. - K.-U. Mahler - P. Schollmeyer - Th.M. Weber (Hrsg.), Augustus - Der Blick von außen, Die Wahrnehmung des Kaisers in den Provinzen des Reiches und den Nachbarstaaten, Akten der internationalen Tagung an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom 12. bis 14. Oktober 2006 = R. Gundlach - D. Kreikenbom - M. Schade-Busch (Hrsg.), Königtum, Staat und Gesellschaft früher Hochkulturen, 8 (Wiesbaden 2008) 82-84.
Wolfgang Spickermann, Romanisierung und Romanisation am Beispiel der Epigraphik der germanischen Provinzen Roms, in: R. Häussler (Hrsg.), Romanisation et épigraphie. Études interdisciplinaires sur l’acculturation et l’identité dans l’Empire romain, Archéologie et Histoire Romaine, 17 (2008) 315-316 (Öffnet externen Link in neuem Fensteracademia.edu).

Speziell zum Eichelstein: H.G. Frenz, Drusus maior und sein Monument zu Mainz, Jahrb. RGZM 32, 1985, 394-421; F.St. Pelgen, Mainz: Vom "elenden Steinklumpen" zum Denkmal, Archäologische Ortsbetrachtungen, 3 (Mainz 2003); A. Panter, Der Drususstein in Mainz und dessen Einordnung in die römische Grabarchitektur seiner Erbauungszeit, Mainzer archäologische Schriften, 6 (Mainz 2007); Marion Euskirchen, Drunter und drüber - Der Eigelstein, in: M. Kramp - M. Trier (Hrsg.), Begleitband zur Ausstellung des Kölnischen Stadtmuseums und des Römisch-Germanischen Museums der Stadt Köln im Kölnischen Stadtmuseum vom 13. Dezember bis 27. April 2014, Schauplatz Kölner Geschichte, 2 (Köln 2014) 33-37.

Mainz, Eichel- bzw. Drususstein (Photo: Rüdiger Gogräfe)
Mainz, Eichel- bzw. Drususstein (Photo: Rüdiger Gogräfe)
Mainz, Eichel- bzw. Drususstein (Photo: Rüdiger Gogräfe)
Mainz, Eichel- bzw. Drususstein (Photo: Rüdiger Gogräfe)

spectaculum, zu Ehren von Agrippina der Älteren (?)

Agrippina Maior. Sesterz, 39-40 n.Chr. AGRIPPINA M F MAT C CAESARIS AVGVSTI. Rs: S P Q R / MEMORIAE / AGRIPPINAE. Zwei Maultiere ziehen ein Carpentum, dessen Dach von vier Figuren getragen wird und dessen Seitenwände mit Figurenschmuck verziert sind, RIC 55.
Porträt der Agrippina Maior; Rom, Museo Capitolino 421.

Ein bei Sueton erwähntes spectaculum in Mainz läßt sich auf den 25./26. Oktober datieren, jenen Tag, an dem Agrippina die Ältere Geburtstag hatte.

Quelle:

Sueton, Galba 6,2:

A Gaio Caesare in locum Gaetulici substitutus, postridie quam ad legionis venit, sollemni forte spectaculo plaudentes inhibuit, data tessera, ut manus paenula continerent; statimque per castra iactatum est:
»disce miles militare. Galban est, non Gaetulicus!«

„Dann war er fast ein Jahr lang Statthalter der Provinz Aquitanien und bekleidete darauf während 6 Monaten das ordentliche Konsulat. Von Gaius Cäsar (Caligula) wurde er zum Nachfolger des Gätulicus (in Obergermanien) bestimmt. Gleich am Tag nach seiner Ankunft bei den Legionen (d.h.: in Mainz) erließ er einen Tagesbefehl, dass die Soldaten ihre Hände unter dem Mantel zu halten hätten, da sie während eines festlichen Schauspiels ihren Beifall durch Händeklatschen bezeugt hatten. Sofort hieß es im ganzen Lager: »Lern’ Soldat, soldatisch Wesen! Galba ist da, nicht Gätulicus!«“

Kommentar: Der Amtsantritt des seinerzeitigen Konsuls und späteren Kaisers Öffnet externen Link in neuem FensterGalba als General des obergermanischen Heeres nach Absetzung seines Vorgängers Öffnet externen Link in neuem FensterGätulicus bzw. die Ankunft Galbas im Legionslager zu Mainz läßt sich an den dies natalis der Öffnet externen Link in neuem Fensterälteren Agrippina datieren. Sie war die Frau des Germanicus, zu dessen Ehren in Mainz bereits ein Ehrenbogen existierte und Gedenkfeiern abgehalten wurden. Agrippina hatte ihn bei seinen militärischen Unternehmungen an den Rhein und nach Mainz begleitet und war bei der Truppe scheinbar sehr geachtet. Nach dem Tod des Germanicus verschlechterte sich ihr Verhältnis zu Kaiser Tiberius zunehmend. Ihr Geburtstag wurde zwar nach nach den Zeugnissen bei Sueton, Tib. 53, 2 und Tac., ann. VI 25,5 zum dies nefastus erklärt, doch wurde sie nach dem Zeugnis der Arvalakten unter der Regierung ihres Sohnes Caligula rehabilitiert (AFA ed. Hentzen 10 f-h 9-14; Commentarii Fratrum Arvalium ed. Scheid 1998, 13 fgh 9-14: VI [ ] K Novembr ... natali Agrippinae Germanic[i Caes]aris matris. Dies kann mit gewisser Wahrscheinlichkeit bedeuten, dass man den Anlass des in Mainz abgehaltenen sollemnis spectaculum kennt, nämlich die Feiern zum Geburtstag der Mutter des amtierenden römischen Kaisers Caligula: der älteren Agrippina. Dass sie obendrein die Frau des in Mainz hoch verehrten Germanicus war, dürfte den Feiern zu Ehren ihres Geburtstages zusätzliches Ansehen verliehen haben. Der Ausdruck spectaculum wird zumeist auf eine Veranstaltung im Theater bezogen (Vgl. Öffnet internen Link im aktuellen FensterSpello; Öffnet internen Link im aktuellen FensterHenchir Sidi Naoui. In Öffnet internen Link im aktuellen FensterPesaro auf ludi gladiatorii bezogen) und hieraus würde mit hoher Wahrscheinlichkeit hervorgehen, dass Mogontiacum in jener Zeit bereits ein Theater besaß, das man als Vorgängerbau des heute sichtbaren steinernen Theaters aufzufassen hätte.

Lit.: L. Schumacher, Römische Kaiser in Mainz (Bochum 1982) 23 ff.; Öffnet externen Link in neuem FensterW. Lebek, Die drei Ehrenbögen für Germanicus: Tab.Siar. frg. I 9- 34; CIL VI 31199a 2-17, ZPE 67, 1987, 146 Anm. 5; H. Bellen, Der römische Ehrenbogen von Mainz-Kastel, Ianus Germanici aut Domitiani?, Archäologisches Korrespondenzblatt 19, 1989, 78 f.; P. Herz, Das römische Heer und der Kaiserkult in Germanien, in: W. Spickermann - H. Cancik - J. Rüpke (Hrsg.), Religion in den germanischen Provinzen Roms (Tübingen 2001) 109 f.; W. Spickermann, Germania Superior. Religionsgeschichte des römischen Germanien, I, Religion der römischen Provinzen, 2 (Tübingen 2003) 88.

dies natalis des Germanicus

Porträtkopf des Germanicus aus dem Heiligtum der Diana in Nemi; AO: Museum Kopenhagen.
Rückseite einer Münze von Kaiser Tiberius mit Darstellung von Drusus d.J. und Germanicus.
Sog. Schwert des Tiberius aus dem Rhein bei Mainz; AO: London, Brit. Museum, Walters, Bronzes 867. Nach geläufiger Interpretation ist auf dem Mundblech der Schwertscheide Germanicus vor dem thronenden Kaiser Tiberius dargestellt (Photo: J. Hähnel).

 

Öffnet externen Link in neuem FensterGermanicus, mit richtigem Namen Nero Claudius Germanicus, Sohn des in Mainz mit einem Grabdenkmal geehrten Drusus, Großneffe des Augustus, Neffe des Tiberius, Bruder des späteren Kaisers Claudius und von Kaiser Augustus dem Tiberius als Nachfolger bestimmt, erlangte als Feldherr von Kriegszügen in das rechtsrheinische Germanien in den Jahren 15 und 16 n.Chr. für Mainz herausragende Bedeutung. Die besagten Feldzüge führte er mit dem obergermanischen Heer von Mogontiacum aus. Nachdem Germanicus wegen fehlender nachhaltiger Erfolge von Tiberius abberufen worden und wenige Jahre später 19 n.Chr. in Antiocheia am Orontes gestorben war, beschloss der römische Senat umfangreiche Ehrungen für Germanicus, die im gesamten römischen Reich stattfinden sollten (Tac., ann. II 83). Die recht unpräzise Nachricht bei Tacitus, wonach Germanicus aufgrund dieses Beschlusses „am Ufer des Rheins" einen Ehrenbogen erhielt, wurde durch den Fund der sog. Tabula Siarensis, benannt nach ihrem Fundort Siara in Spanien, in einer gerade für die Geschichte von Mainz sehr bedeutenden Weise präzisiert. Nach übereinstimmender Meinung in der Forschung geht hieraus nämlich hervor, dass der Ehrenbogen des Germanicus, d.i. der tertius ianus,  in der Nähe des Tumulus seines Vaters Drusus errichtet werden sollte, also sicherlich dem heutigen Eichelstein auf der Mainzer Zitadelle oberhalb des römischen Theaters. Dieser Ehrenbogen wurde in der Forschung zunächst mit einem Bogenfundament im rechtsrheinischen Mainz-Kastel in Verbindung gebracht, doch ist diese Identifikation von anderer Seite stark angezweifelt worden, nicht zuletzt, weil eine so frühe Errichtung eines Bauwerks auf dem östlichen Rheinufer gegenüber dem Mainzer Legionslager fraglich erscheint. Jedenfalls ist die Gleichsetzung des einen historisch und des anderen archäologisch überlieferten Denkmals nicht wirklich beweisbar. Die explicit genannte Nähe vom Grabdenkmal des Drusus und dem Bogen des Germanicus möchte man sich tatsächlich eher in der Fläche zwischen dem Eichelstein und dem 2-Legionslager auf dem Kästrich vorstellen, einem einstmals idealen Gebiet für militärische Übungen und Aufmärsche. In dem an vielen Stellen ergänzten Text der Tabula Siarensis wird deutlich, dass Gallier und linksrheinische Germanen dem Germanicus an seinem Geburtstag, dem 24. Mai, beim Tumulus des Drusus ein ähnliches Opfer darbringen sollten, wie es bereits für seinen Vater Drusus bestimmt worden war. Dieser Zeremonie sollte eine Truppenparade durch den Ehrenbogen vorausgehen. So weit sind die Dinge gut erkennbar überliefert.

Eine weitere Ausgestaltung des Zeremoniells ist jedoch zu vermuten. In den früheren Ergänzungen des Textes der Tabula Siarensis spiegelt sich dies insofern, als der Ort der Kulthandlungen neben dem tumulus Drusi zuerst nach Gonzales bei einem Amphitheater und nach Bellen bei einem Theater verortet wurden. In den letzten Ergänzungen bei Lebek erscheinen diese Worte zwar nicht mehr, aber auch Herz geht in sehr überzeugender Weise davon aus, dass nach Durchschreitung des Bogens und Opfern am Grabdenkmal des Drusus für Germanicus weitere Handlungen in einem Theater stattgefunden haben sollten. Diese Vorstellung ist wegen der räumlichen Nähe von Eichelstein und Theater absolut plausibel. Das ausgegrabene steinerne Theater am Südbahnhof scheint zwar in seiner datierbaren Architektur deutlich jünger als die hier erörterten Zeremonien zu sein, doch kann man aus dem historisch überlieferten für Agrippina d.Ä.  schließen, dass es bereits in der frühen Kaiserzeit ein theatrum - wahrscheinlich in Holzbauweise - gab. Bei den Zeremonien für Germanicus wäre besonders an die Zurschaustellung von Porträtbildern des Verstorbenen oder seiner Insignien zu denken, die außerhalb der Feierlichkeiten nur im Legionslager aufbewahrt worden sein können (vgl. Öffnet internen Link im aktuellen FensterCassius Dio LIII 30,6; Öffnet internen Link im aktuellen FensterLVIII 4,4; LXXI 31,2; LXXII 17,4; LXXIV 4,1). Einen vergleichbaren Vorgang könnten die epigraphisch gut belegten Ehrungen für das römischer Kaiserhaus im Theater von Öffnet internen Link im aktuellen FensterGythion darstellen. Angesichts des Umstandes, dass sich der Romanisierungsgrad des römischen Mainz in der frühen Kaiserzeit immer noch recht schmenhaft darstellt, wurde in der Forschung aber auch hinterfragt, inwieweit man sich ergänzend zu den eigentlichen religiösen Akten eine theatertypische Vorstellung denken könne. Hier ist aber darauf hinzuweisen, dass mit der Anwesenheit von wenigstens 2 Legionen mitsamt des gesamten Trosses und der Führung des obergermanischen Heeres in Mainz ein hinreichend gebildetes Publikum vorhanden war, um in ausreichender Zahl ludi scaenici rezipieren zu können. Zudem ist das an einzelnen Funden und Stellen immer wieder deutlich werdende Romanisierungsniveau in den ersten Jahrzehnten der Existenz vom römischen Mainz durchaus ein recht hohes, auch wenn sich eine zugehörige Monumentalarchitektur erhaltungs- oder forschungsbedingt nicht recht abzeichnet.

Quellen

Sog. Grand Camée de France (23-29 n.Chr.); AO: Paris, Cabinet des Medailles. In der zentralen Szene thront Kaiser Tiberius in der Pose des Jupiter, rechts neben ihm sitzt seine Mutter Livia, der am rechten Rand Drusus Caesar (7-33) und dessen Frau Aemilia Lepida folgen; links von Tiberius sind die Nachkommen des in Mainz hoch verehrte Drusus maior (38-10 v.Chr.), nämlich Nero Cäsar (6-31) mit seiner Frau Julia sowie der noch kleine Gaius (Caligula) mit seiner in Mainz verehrten Mutter Agrippina Maior sichtbar. Im oberen Register schwebt Augustus in Begleitung von Drusus minor (links) und Germanicus in den Himmel. Unten sieht man besiegte Barbaren.

Tacitus, ann. II 83:

Honores ut quis amore in Germanicum aut ingenio validus reperti decretique: ut nomen eius Saliari carmine caneretur; sedes curules sacerdotum Augustalium locis superque eas querceae coronae statuerentur; ludos circensis eburna effigies praeiret neve quis flamen aut augur in locum Germanici nisi gentis Iuliae crearetur. arcus additi Romae et apud ripam Rheni et in monte Syriae Amano cum inscriptione rerum gestarum ac mortem ob rem publicam obisse. sepulchrum Antiochiae ubi crematus, tribunal Epidaphnae quo in loco vitam finierat. statuarum locorumve in quis coleretur haud facile quis numerum inierit. cum censeretur clipeus auro et magnitudine insignis inter auctores eloquentiae, adseveravit Tiberius solitum paremque ceteris dicaturum: neque enim eloquentiam fortuna discerni et satis inlustre si veteres inter scriptores haberetur. equester ordo cuneum Germanici appellavit qui iuniorum dicebatur, instituitque uti turmae idibus Iuliis imaginem eius sequerentur. pleraque manent: quaedam statim omissa sunt aut vetustas oblitteravit.

(Übersetzung nach W. Sontheimer):
„Ehrungen wurden erdacht und beschlossen, wie sie jedem die Liebe zu Germanicus oder sein Einfühlungsvermögen eingab. Sein Namen wird in das Saliarische Lied aufgenommen, ihm wird überall, wo die Augustalpriester sitzen, ein kurulischer Sessel aufgestellt und über diesem ein Eichenkranz angebracht. Sein elfenbeinernes Bild wird an den circensischen Spielen dem Zug vorangetragen und kein Flamen oder Augur an Stelle des Germanicus gewählt, wenn er nicht aus dem iulischen Geschlecht stamme. Dazu kommen noch Ehrenbögen in Rom, am Ufer des Rheins und auf dem syrischen Berg Amanus mit einer Inschrift seiner Taten und dem Hinweis, daß er im Dienste des Gemeinwesens gestorben sei, ein Grabmal in Antiocheia, der Stätte seiner Verbrennung, ein Tribunal in Epidaphne, wo er sein Leben beendigt hatte. Die Zahl der Statuen und der Orte, an denen er verehrt werden sollte, könnte man nicht leicht aufzählen.
Als beantragt wurde, ein goldenes Brustbild von besonderer Größe zu denen der maßgeblichen Vertreter der Beredsamkeit zu stellen, erklärte Tiberius nachdrücklich, er werde ihm das übliche weihen, das sich von den anderen nicht unterschiede. Bei der Beurteilung der Beredsamkeit spiele die äußere Lebensstellung keine Rolle, und es sei genug der Ehre, wenn er zu den alten Schriftstellern gerechnet werde.
Der Ritterstand gab seiner Sitzabteilung im Theater, die bisher die der Jüngeren genannt wurde, den Namen des Germanicus und ordnete an, daß an den Iden des Juli den Reiterabteilungen sein Bild vorausgetragen werde. Diese Anordnungen haben sich größtenteils bis heute erhalten. Einige davon wurden sofort aufgehoben, andere gerieten im Laufe der Zeit in Vergessenheit."

Tabula Siarensis; CILA-02-03, 927 = IUtrera 1 = TabSiar = HEp-05, 734 = HEp-09, 524 = AE 1984, 508 = AE 1986, 275 = AE 1986, 308 = AE 1988, 703 = AE 1989, 408 = AE 1991, 20 = AE 1999, 31 = AE 1999, 891 (Öffnet externen Link in neuem FensterEDH): 

Im folgenden wird der Text in den hier relevanten Passagen angegeben und dabei werden auch die verschiedenen Ergänzungsvorschläge des Textes dargestellt.

(mit Ergänzungen nach J. González - F. Fernándes 1981)

(Z 26) sculperetur. Tertius Ianus vel m[armoreus fieret apud ripam Rheni circa eum tumulum]
quem Druso, fratri Ti(beri) Caesaris Aug(usti) p[rincipis nostri, exercitus p(opuli) R(omani) excitasset ci-]
tus deinde permissu divi Aug(usti) perf[ecisset, itemque honorarius tumulus Germanici Cae-]
saris constitueretur accipienti[s eas supplicationes ab Germanis et praecipue ab Gal-]
lis Germanisque qui citra Rhen[um incolunt, quorum civitates iussae essent ab Divo]
Aug(usto) rem divinam ad tumulu[m Drusi facere, atque darent memoriae eius solmne et ritua-]
le sacrificium parentant[es quodannis in eo die quo Germanicus Caesar defunctus esset;]
et cum esset in ea regio[ne, qua tumulus Germanici Caesaris esset, amphitheatrum, die nata-]
(Z 34) li Germanici Caesar[is circensibus ludus ex h(oc) s(enatus) c(onsulto) factus annuus celebraretur.]

(mit Ergänzungen nach Bellen 1984)

(Z 26) sculperetur. Tertius Ianus vel m[armoreus fieret apud ripam Rheni circa eum tumulum]
quem Druso, fratri Ti(beri) Caesaris Aug(usti) p[rincipis nostri, exercitus p(opuli) R(omani) excitasset ci-]
tus deinde permissu divi Aug(usti) perf[ecisset, itemque honorarius tumulus Germanici Cae-]
saris constitueretur accipienti[s supplicationes ab civibus Romanis et praecipue Gal-]
lis Germanisque qui citra Rhen[um incolunt, quorum civitatibus permissum esset ab Divo]
Aug(usto) rem divinam ad tumulu[m Drusi facere, atque darent memoriae eius solmne et ritua-]
le sacrificium parentant[es quodannis in eo die quo Germanicus Caesar defunctus esset;]
et cum esset in ea regio[ne, qua est tumulus Drusi patris eius, theatrum, ibidem die nata-]
(Z 34) li Germanici Caesar[is solemnis ludus ex h(oc) s(enatus) c(onsulto) factus quodannis celebraretur.]

(mit Ergänzungen nach Lebek 1986)

(Z 26) sculperetur tertius ianus vel m[aximus fieret apud Rhenum prope eum tumulum]
quem Druso fratri Ti(beri) Caesaris Aug(usti) p[rincipis nostri marens incohasset exerci-]
tus deinde permissu divi Aug(usti) perf[ecisset inque eo iano statua Germanici Cae-]
saris constitueretur accipienti[s signa recepta e Germanis et praeciperetur Gal-]
lis Germanisque qui citra Rhen[um incolunt quorum civitates iussae essent a Divo]
Aug(usto) rem divinam ad tumulu[m Drusi facere uti ibi Germanico Caesari facerent simi-]
le sacrificium parentant[es quodannis eo die quo Germanicus Caesar decessisset]
et cum esset in ea region[e exercitus p R ipso die sacrifici vel die  nata-]
(Z 34) li Germanici Caesar[is uti decurreret per eum ianum qui ex h(oc) s(enatus) c(onsulto) factus esset]

Ein dritter Durchgangsbogen, und zwar der größte, solle am Rhein bei dem Grabmal entstehen, das für Drusus, den Bruder des Öffnet externen Link in neuem FensterTiberius Cäsar Augustus, unseres Princeps, das Heer in seiner Trauer begonnen habe und dann mit Erlaubnis des vergöttlichten Öffnet externen Link in neuem FensterAugustus vollendet habe, und auf diesem Durchgangsbogen solle ein Standbild des Germanicus Cäsar aufgestellt werden, wie er die den Germanen wieder abgenommenen Feldzeichen empfängt, und es solle den Galliern und den Germanen, die diesseits des Rheins ihrer Wohnsitze haben, deren Staaten vom vergöttlichten Öffnet externen Link in neuem FensterAugustus den Befehl erhalten hätten, eine Opferhandlung am Grab des Drusus abzuhalten, dass sie dort dem Germanicus Cäsar ein ähnliches Opfer darbringen sollten, indem sie  jährlich an dem Tag, an dem Germanicus dahingeschieden sei, ein feierliches Totenopfer darbrächten, und, so oft sich in diesem Gebiet ein Heer des römischen Volkes befinde, am Tage des Opfers selbst oder am Geburtstag des Germanicus Cäsar, dass es einen Gedenkmarsch durch den Durchgangsbogen veranstalten solle, der auf Grund des vorliegenden Senatsbeschlusses entstanden sei.

(mit Ergänzungen nach Lebek 1989)

(Z 26) sculperetur tertius ianus vel a t[oto exercitu fieret cis Rhenum ad tumulum]
quem Druso fratri Ti(beri) Caesaris Aug(usti) p[rimo sua sponte excitare coepisset totus exerci-]
tus deinde permissu divi Aug(usti) perf[ecisset, supraque eum ianum statua Germanici Cae-]
saris constitueretur recipienti[s signa militaria ab Germanis et praeciperetur Gal-]
lis Germanisque qui citra Rhen[um incolerent quorum civitates iussae essent ab divo]
Aug(usto) rem divinam ad tumulu[m Drusi facere ut eodem loco publice facerent alterum simi-]
le sacrificium parentant[es quotannis eo die quo Germanicus Caesar decessisset]
et cum esset in ea region[e ubi es tumulus est exercitus in hibernis collocatus nata-]
(Z 34) li Germanici Caesar[is miles eo die decurreret eo iano qui ex h(oc) s(enatus) c(onsulto) factus esset]

Ein dritter Durchgangsbogen solle gegebenenfalls sogar vom gesamten Heer geschaffen werden diesseits des Rheins bei dem Grabmal, das für Drusus, den Bruder des Öffnet externen Link in neuem FensterTiberius Cäsar Augustus, das gesamte Heer anfänglich aus eigenem Antrieb zu errichten begonnen habe, dann aber mit Erlaubnis des Gottes Öffnet externen Link in neuem FensterAugustus fertiggestellt habe, und auf diesem Durchgangsbogen solle ein Standbild des Germanicus Cäsar aufgestellt werden, der die Heereszeichen von den Germanen zurückerhält;
und es solle Anweisung erteilt werden den Galliern und den Germanen, die diesseits des Rheines siedelten, deren Stammesgemeinden vom Gott Öffnet externen Link in neuem FensterAugustus den Befehl erhalten hätten, eine gottesdienstliche Handlung am Grab des Drusus zu vollziehen, dass sie am selben Ort von Staats wegen ein zweites ähnliches Opfer darbringen sollten, indem sie  ein Totenopfer jährlich darbrächten an demjenigen Tage, an dem Germanicus Cäsar dahingeschieden sei,und sooft in demjenigen Gebiet, wo sich dieses Grabmal befindet, am Geburtstag des Germanicus Cäsar ein Heer im Winterlager stationiert sei, solle die Truppe an diesem Tage einen Parademarsch durch denjenigen Durchgangsbogen veranstalten, der auf Grund des vorliegenden Senatsbeschlusses entstanden sei.

(Sánchez-Ostiz Gutiérrez)

(Z 26) sculperetur tertius ianus vel ap[ud ripam Rheni vel prope eum tumulum fieret]
quem Druso fratri Ti(beri) Caesaris Aug(usti) pr[imo sua sponte excitare coepisset totus exerci-]
tus deinde permissu divi Aug(usti) perf[ecisset ... (wie oben)

Ein dritter Durchgangsbogen solle am Rhein bei dem Grabmal geschaffen werden, das für Drusus, den Bruder des Öffnet externen Link in neuem FensterTiberius Cäsar Augustus, das gesamte Heer anfänglich aus eigenem Antrieb zu errichten begonnen habe, dann aber mit Erlaubnis des Gottes Augustus fertiggestellt habe ...

 

Lit.: J. González - F. Fernándes, Tabula Siarensis, Iura 32, 1981, 1 ff.; Öffnet externen Link in neuem FensterJ. González, Tabvla Siarensis, Fortvnales Siarenses et Mvnicipia Civivm Romanorvm, ZPE 55, 1984, 55-100; H. Bellen, Das Drususdenkmal apud Mogontiacum und die Galliarum civitates, JahrbRGZM 31, 1984, 385-396; Öffnet externen Link in neuem FensterW. Lebek, Die drei Ehrenbögen für Germanicus: Tab.Siar. frg. I 9- 34; CIL VI 31199a 2-17, ZPE 67, 1987, 129-148; Öffnet externen Link in neuem FensterW. Lebek, Die Mainzer Ehrungen für Germanicus, den älteren Drusus und Domitian (Tab.Siar. Frg.I 26-34; Suet. Claud. 1,3), ZPE 78, 1989, 45-82; Öffnet externen Link in neuem FensterW. Lebek, Die postumen Ehrenbögen und der Triumph des Drusus Caesar (CIL VI 31200 b col. I, 1-4; Tac. ann. 4,9,2), ZPE 78, 1989, 83-91; Öffnet externen Link in neuem FensterW. Lebek, Ehrenbogen und Prinzentod: 9 v.Chr.-23 n.Chr., ZPE 86, 1991, 47-78; R. Haensch, Capita provinciarum. Statthaltersitze und Provinzialverwaltung in der römischen Kaiserzeit, Kölner Forschungen, 7 (Mainz 1997) 153; L. Schumacher, Mogontiacum, in: M.J. Klein (Hrsg.), Die Römer und ihr Erbe. Fortschritt durch Innovation und Integration, Katalog der Ausstellung im Landesmuseum Mainz, 2. Februar-25. Mai 2003 (Mainz 2003) 1-4; P. Herz, Das römische Heer und der Kaiserkult in Germanien, in: W. Spickermann - H. Cancik - J. Rüpke (Hrsg.), Religion in den germanischen Provinzen Roms (Tübingen 2001) 103-113; W. Spickermann, Germania Superior. Religionsgeschichte des römischen Germanien I, Religionen der Römischen Provinzen 2 (Tübingen 2003) 85-89.

Weitere Beiträge zur tabula Siarensis in: J. Gonzalez - J. Arce (Hrsg.), Estudios sobre la tabvla Siarensis, Actas de la jornadas celebradas en Sevilla en 1986, Anejos de archivo español de arqueología, 9 (Madrid 1988); Á. Sánchez-Ostiz Gutiérrez, Tabula Siarensis: edición, tradución y comentario, Colección Mundo Antiguo NS, Nr.  4 (Pamplona 1999); A. Fraschetti (Hrsg.), La commemorazione di Germanico nella documentazione epigrafica, convegno internazionale di studi Cassino 21-24 ottobre 1991 (Rom 2000);

weblink zum Porträtkopf des Germanicus aus dem Dianaheiligtum von Nemi im Museum Kopenhagen: Öffnet externen Link in neuem Fensterarachne

weblink zum Schwert des Tiberius: Öffnet externen Link in neuem Fensterwww.britishmuseum.org/explore/highlights/highlight_objects/gr/t/the_sword_of_tiberius.aspx; Ferner: E. Künzl, Romanisierung am Rhein, Germanische Fürstengräber als Dokument des römischen Einflusses nach der gescheiterten Expansionspolitik, in: Kaiser Augustus und die verlorene Republik, Eine Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, Berlin 7. Juni-14. August 1988 (Mainz 1988) 558 f. Nr. 383.

webink zum Grand Camée de France: Öffnet externen Link in neuem Fensternl.wikipedia.org/wiki/Grand_Camée_de_France

 

Bildliche Reflexe des antiken Theaterlebens in Mainz

Mainz, Mosaik des Orpheus aus der Badergasse (Photo: GDKE Rheinland-Pfalz, Direktion Landesarchäologie Mainz).
Mainz, Hirschkuh, Ausschnitt aus dem Orpheus-Mosaik. Die Tierfigur ist einem Darstellungsrepertoire entnommen, das sonst für Jagden und venationes in Arenen und Theatern angewendet wurde.
Orpheus-Mosaik

Reflexe des hiesigen Theaterlebens bieten einige bildliche Darstellungen: So kann eingedenk der römischen kaiserzeitlichen Aufführungspraxis damit gerechnet werden, dass das in Sichtweite des Theaters verlegte Orpheus-Mosaik aus Mainz eine Anspielung auf die dortigen Darbietungen darstellt, war der spektakuläre Gesang des Thrakers, der die wilden Tiere zum friedlich Zuhören bewegte, ein gern gebotener Nervenkitzel im römischen Theaterprogramm: Die Sage von Orpheus unter den wilden Tieren gehörte zu den inszenierten Mythen, die in römischen Theater und Arenen stattfanden. Unbekannt bleibt dabei, im Rahmen welchen Festes eine solche Darbietung in Mainz stattfand. Vgl. die Darstellungen des Orpheus auf den Mosaiken von Öffnet internen Link im aktuellen FensterRottweilÖffnet internen Link im aktuellen FensterKos und Öffnet internen Link im aktuellen FensterHadrumetum.

Varro, de re rustica III 13,2-3 berichtet von einer Aufführung des Orpheus-Mythos durch einen Schauspieler im privaten Rahmen:

„(2) Ich aber, sagte jener, wenn ich bei Quintus Hortensius auf seinem laurentinischen Besitz war, dort habe ich eine Veranstaltung gesehen, die noch mehr thrakisch war. Wie er sagte, war dort nämlich ein Wald von über 50 iugera von einer Mauer eingezäunt, den er nicht Hasengehege, sondern Tiergehege nannte. Dort gab es eine hervorgehobene Stelle, wo wir auf einem installierten Triklinium speisten. (3) An diesem Platz befahl er nun, daß Orpheus gerufen werde. Als dieser mit Stola und Kithara herbeikam, begann er auf Geheiß zu singen und blies das Horn, daß sich eine so große Menge von Hirschen, Wildschweinen und sonstigen Vierbeinern um uns versammelte, daß es mir nicht weniger schön erschien als es eine Veranstaltung ist, wie die Jagden, die ein Öffnet internen Link im aktuellen FensterÄdil im Öffnet externen Link in neuem FensterCircus Maximus gibt, aber ohne afrikanische Tiere."

Martial berichtet in seiner Schrift de spectaculis, in welcher sich zahlreiche Hinweise auf inszenierte Mythendarbietungen finden, zwei Mal von einer öffentlichen Aufführung vom Gesang des Orpheus unter den wilden Tieren. Die erste Stelle beschreibt eine zu Ehren des römischen Kaisers Öffnet externen Link in neuem FensterDomitian gegebene Veranstaltung in der Arena mit aufwändigen Kulissen und echten wilden Tieren, die der Darsteller des Orpheus jedoch nicht überlebte:

Martial, de spectaculis liber, XXI:

„Was das Rhodope-Gebirge in der Orpheus-Szene gesehen haben soll, hat jetzt die Arena dir, Cäsar, geboten. Felsen krochen heran, ein Zauberwald eilte herbei, so schön, wie man sich den Hesperidenhain vorstellt.Wilde Tiere aller Art waren da, den Haustieren zugesellt, und über des Sängers Haupt schwebten zahlreichen Vögel. Doch er selbst lag da, zerfleischt von einem undankbaren Bären. Dieser Vorfall nur wich von der mythischen Erzählung ab.“

Die zweite Stelle beschreibt den Bühneneffekt eines sich plötzlich öffnenden Grundes, aus dem der thrakische Sänger nach seinem misslungenen Versuch, Eurydike aus der Unterwelt zurückzuholen, emporstieg:

Martial, de spectaculis liber, XXIb:

„Wenn die Erde plötzlich aufklaffend Orpheus herauskommen ließ, kam er - wen wundert’s - von Eurydike aus der Tiefe."

Lit.: Öffnet internen Link im aktuellen FensterR. Gogräfe, Die Wiedergeburt des Mainzer Orpheus (Mainz 2007).

 

 

Wandmalereien eines Hauses in der Tiefgarage Proviantamt

 

Fragmente von Wandmalereien eines reich ausgestatteten Hauses im Bereich der Tiefgarage Proviantamt zeigen Masken, wovon eine als tragische Maske identifizierbar ist. Weitere Fragmente stammen von einem Panther, der einerseits auf das Begleittier des Dionysos, des Gottes des Theaters, aber auch auf Darstellungen von Tierkämpfen deuten kann. Welchen konkreten Hintergrund diese Anspielungen auf die römischen ludi besessen haben, bleibt unbekannt.

 

Lit.: R. Gogräfe, Die römischen Wand- und Deckenmalereien im nördlichen Obergermanien, Archäologische Forschungen in der Pfalz, 2 (Neustadt a.d.W. 1999) 410 Nr. 407,3-4 mit Abb. 103 S. 142.

 

Mainz, Terracottamaske aus einem Anwesen an der Pariser Straße in Mainz (Bild: Neeb).
Terracottamaske aus einer Grube an der Pariser Straße.

 

Kommentar: Die Maske aus Mainz wurde einer Serie zugewiesen, die in Köln hergestellt worden sein soll und die mit weiteren Exemplaren möglichweise in Augst und Vechten vertreten ist. Vgl. Öffnet internen Link im aktuellen FensterSpeyer.

 

Literatur: E. Neeb, Mainzer Ztschr. 20/21, 1925/26, 98 Abb. 12; H. Rose, Die römischen Terracottamasken in den Nordwestprovinzen, Monumenta Artis Romanae XXXVI (Wiesbaden 2006) 44 Abb. 20.