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Literatur
Der Dithyrambos ist das Chorlied zu Ehren des Dionysos. Seine Anfänge lassen sich in das 7. Jh. zurückverfolgen und lagen im rein kultischen Bereich; diese vorliterarische Phase geht aus einem bei Athenaios 628a überlieferten Fragment des Dichters
Archilochos hervor, bei welcher Gelegenheit auch gleich die enge Verbindung von Dithyrambos, Dionysos und Wein hervorgehoben wurde. Auch in einem ebenfalls bei
Athenaios 628b überlieferten Fragment des Stückes '
Philoktet' des sizilischen Dichters
Epicharm wird diese enge Beziehung unterstrichen. Nach
Aristoteles, poetica IV 1449a 10-13 (vgl.
fr. 677 Rose) lag im Dithyrambos der Ursprung der Tragödie, wohingegen der Ursprung der Komödie in den ländlichen Phallosprozessionen zu suchen sei.
In einem zweiten Schritt wurde das Kultlied regelrecht verfaßt, mit einem Chor einstudiert, aufgeführt und mit einem Namen versehen. Diese Entwicklung war nach Herodot I 23 mit dem berühmten Kitharöden
Arion verbunden - der deshalb auch vereinfachend als Erfinder des Dithyrambos bezeichnet wurde - und seinem Aufenthalt an der korinthischen Tyrannis des
Periander im 6. Jh. Der aus
Methymna auf Lesbos stammende Arion war es scheinbar, der dem reinen Kultlied nun auch einen episch-mythologischen Inhalt gab. Die in der
Suda überlieferte Konstruktion, er sei Sohn eines gewissen Kykleus gewesen, deutet darüberhinaus an, dass die Verbingung der
kyklioi choroi, der im Kreis um den Altar singenden Chöre, mit dem Dithyrambos eine sehr enge war. Im Athen des 5. Jhs. v.Chr. waren beide Begriffe synonym. Die fortschreitende Ausschmückung des Dithyrambos scheint sogar dahin geführt zu haben, dass Arion als einer der Erfinder der Tragödie galt.
Dieser Ruf des Erfinders wurde Arion gemäß einem weiteren Eintrag im Lexikon der Suda aber bereits in der Antike durch
Lasos aus
Hermione streitig gemacht, dem in der modernen Forschung aber mehr das Verdienst zugeschrieben wird, den Dithyrambos in der Zeit seines Aufenthaltes am athenischen Tyrannenhof der Peisistratiden in die attischen Agone eingeführt zu haben. Dort war es die dritte dionysische Gattung neben der Tragödie und der Komödie. Auch
Clemens Alexandrinus billigt Lasos von Hermione das Verdienst zu, Erfinder des Dithyrambos gewesen zu sein. In
Pindars 13. Olympischer Ode wird die Erfindung des Dithyrambos ebenfalls mit der Stadt Korinth in Verbindung gebracht, nicht aber an eine Person gebunden.
In Athen fand ein Agon der Dithyramboi an den Großen Dionysien, den Thargelien, den Kleinen
Panathenäen, den Promethia und den Hephaistia statt. Dies war ein Wettbewerb zwischen den unter Kleisthenes neu geschaffenen Phylen und in dieser Eigenschaft sollte der Dithyrambenagon scheinbar die Bindung zwischen Bürgern und den neuen Phylen stärken. Allein bei den Großen Dionysien traten die 10 attischen Phylen mit einem Knaben- und einem Männerchor an, die aus je 50 Sängern bestanden; mit anderen Worten: Die enorme Zahl von 20 Dithyramben wurde allein bei diesem Fest zur Aufführung gebracht. Der
Chorege hatte die Bezahlung des Dichters, des Chorodidaskalos, der Flötenspieler und der weiteren Ausstattung zu tragen. Weiterhin hatte er im Falle eines Sieges die Ehre, der Siegerphyle einen Dreifuß an der Tripodenstraße mit einer Inschrift aufzustellen, die ihren Namen nannte, nicht jedoch denjenigen des Dichters. Bekanntestes Denkmal aus dieser Reihe ist das
Lysikrates-Denkmal. Eine Reihe von Vasenbildern des 5. und 4. Jhs. v.Chr. mit der Darstellung von Dreifüßen wird in der Forschung als Reflex dithyrambischer Agone bewertet.
Erfolgreiche Dichter der Dithyramben in der ersten Hälfte des 5. Jhs. in Athen waren Simonides von
Keos,
Pindar und
Bakchylides aus
Iulis auf
Keos.
In der Folgezeit wurden die dithyrambischen Aufführungen mehr und mehr zum Experimentierfeld musikalischer Neuerungen und vom ursprünglichen kultischen Zusammenhang losgelöst. Diese Entwicklung unterwarf die Gattung bereits in der Antike einer scharfen Kritik und Geringschätzung, die bis in die moderne Forschung nachwirkte. Namentlich werden Kinesias,
Melanippides,
Philoxenos von Kythera, Phrynichos und
Timotheos als Protagonisten genannt. Neben der Kritik bei
Platon und
Pherekrates gibt es zahlreiche Seitenhiebe auf den neuen Dithyrambos in den Komödien des Aristophanes (vgl.
Schol. in Aves; Vögel 904-957. 1372-1409; Wolken 333-334. 828-831), ebenso bei
Aristoteles, Rhetorik 1406b1 f.; vgl.
Athenaios IX (374a). Sehr ausführlich wird die fragliche Entwicklung bei
Plutarch, de musica geschildert.
Diese Entwicklung illustriert auch der Umstand, dass in einem bei Athenaios 617c-f überlieferten Agon alter Dithyramben im späteren 4. Jh. v.Chr. nach dem Tod des Timotheos von Milet dessen Aias emmanes oder der Elpenor von berühmten Flötisten wie dem Pantaleon von Sikyon und dem Timotheos von Theben durchgeführt wurde.
Die Loslösung des Dithyrambos vom Dionysoskult zeigt sich schließlich an ihrer Aufführung an den Delien und
Apollonien auf
Delos.
Platons Verbindung des Dithyrambos mit schwärmerischem Taumel findet sich auch noch zu römischer Zeit in den Oden des Horaz. Eine weitere Entwicklung war ihre Wandlung zum Lesestoff und die Dithyramben wurden stilbildend für Teile der griechischen Dichtung. Sie wurden bis in das späte 2. Jh. n.Chr. hinein verfaßt.
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Archilochos Fr. 120 West = Athenaios 628a:
Φιλόχορος δέ ϕησιν ὡς οἱ παλαιοὶ σπένδοντες οὐκ αἰεὶ διϑυραμβοῦσιν, ἀλλ᾽ ὅταν σπένδωσι, τὸν μὲν Διόνυσον ἐν οἴνῳ καὶ μέϑῃ, τὸν δ᾽ Ἀπόλλωνα μεϑ᾽ ἡσυχίας καὶ τάξεως μέλποντες. Ἀρχίλοχος γοῦν ϕησιν
ὡς Διωνύσου ἄνακτος καλὸν ἐξάρξαι μέλος
οἶδα διϑύραμβον οἴνωι συγκεραυνωϑεὶς ϕρένας.
„Philochoros berichtet, dass die Alten nicht immer Dithyramben singen, sondern, wenn sie ein Dankopfer darbringen, den Dionysos mit Wein und in trunkener Ausgelassenheit, Apollon dagegen in Ruhe und Ordnung preisen. Archilochos sagt dazu jedenfalls:
›Ich versteh mich auf den Dithyrambos, so dass ich ein gelungnes Lied
Auf den Gott Dionysos beginnen kann, wenn meine Sinne von dem Wein geschlagen sind.‹"
Aristophanes, Scholia in aves (ed. F. Dübner, Scholia Graeca in Aristophanem, Paris 1877; ND Hildesheim 1969) p. 209-247 zu Z. 1403:
τὸν κυκλιοδιδάσκαλον: Ἀντὶ τοῦ διϑυραμβοποιόν. εἴρηται γὰρ ὅτι ἐγκύκλια διδάσκουσιν. Ἀντίπατρος δὲ καὶ Εὐϕρόνιος ἐν τοῖς ὑπομνήμασί φασι τοὺς κυκλίους χοροὺς στῆσαι πρῶτον Λᾶσον τὸν Ἑρμιονέα, οἱ δὲ ἀρχαιότεροι Ἑλλάνικος καὶ Δικαίαρχος, Ἀρίονα τὸν Μηϑυμναῖον, Δικαίαρχος μὲν ἐν τῷ περὶ Διονυσιακῶν ἀγώνων, Ἑλλάνικος δὲ ἐν τοῖς Κραναϊκοῖς.
„Kykliodidaskalos: anstatt des Dithyrambendichters. Es wird gesagt, dass sie die im Kreis aufgestellten (Chöre) unterweisen. Antipatros und Euphronios sagen in ihren Schriften, dass als erster Lason aus Hermione die kyklischen Chöre aufgestellt hat, die älteren Hellanikos und
Dikaiarchos, Arion aus Methymna, Dikaiarchos schreibt dies in seinem Dionysischen Dialog, Hellanikos in den Kranaikoi.”
Kommentar: Die 'Kranaikoi' sind als 'Karneonikai' zu lesen, also ein Werk über die Sieger bei den Karneen: RE VIII (Stuttgart 1913) 143 s.v. Hellanikos (Gudeman).
Aristoteles, Poetica IV 1449a 10-13:
„Sie (d.i. die Tragödie) hatte ursprünglich aus Improvisationen bestanden (sie selbst und die Komödie: Sie selbst von Seiten derer, die den Dithyrambos, die Komödie von Seiten derer, welche die Phallosumzüge, wie sie noch jetzt in vielen Städten im Schwange sind, anführten)."
Aristoteles fr. 677 Rose = Proclus in chrestom. gramm. 42-43.
(Text folgt)
Zur Stelle: A. Severyns, Recherches sur la Chrestomathie de Proclos, I. Le Codex 239 de Photius, II. Texte, traduction, commentaire (Bibl. Fac. de Philosophie et Lettres Université de Liége, LXXIX (Lüttich - Paris 1938) 43 f.
Aristoteles, Rhetorik 1406b1 f.
Athenaios 617 c-f:
„Pratinas aus
Phlious war ärgerlich, wenn irgendwelche gemieteten Aulos-Spieler und Chortänzer die Tanzplätze für sich beanspruchten, weil da nicht die Aulos-Spieler die Chortänzer begleiteten, wie es althergebracht war, sondern die Chortänzer nach der Melodie der Aulos-Spieler sangen. Von welcher Leidenschaft nun Pratinas gegen diejenigen, die das taten, erfüllt war, äußert er deutlich in folgendem Tanzlied:
Was ist das für ein Lärm? Was sollen diese Tänze? Welche Willkür drang
mit Stampfen zum Dionysos-Altar? Der Bromios ist mein,
mir kommt es zu, zu singen, mir nur, Lärm zu schlagen, wenn ich mit Najaden über Berge stürme
wie ein Schwan mit schillernd buntem Lied.
Die Muse von Pierion hat diesen königlichen Sang gegründet; der Aulos jedoch
soll erst in zweiter Linie beim Tanze wirken, denn er ist der Dienende.
Er mag bei Trinkgelagen und bei wüsten Raufereien angetrunkner Jungendlicher auf den Straßen
den Ton angeben wollen.
Vertreibe den, der nur den Atem einer buntbetupften Kröte hat,
ins Feuer mit dem Rohr, das Speichel frißt, das schwer mit schrillen Tönen klingt,
das von dem Bohrer seine schmeichelnde Gestalt bekommen hat.
Schau her! Hier ist für dich das Händeschlagen und das Füßestampfen, Meister des Dithyrambos,
du Herrscher mit dem Efeukranz, vernimm mein dorisch Reigenlied." (Übers. C. Friedrich)
Lit. zur Stelle: D. Campbell (Hrsg.), Greek Lyric, III. Stesichorus, Ibycus, Simonides, and Others (Cambridge - London 1991) 321 Fr. 708.
Athenaios 628b:
καὶ Ἐπίχαρμος δ᾽ ἐν Φιλοκτήτῃ ἔϕη:
οὐκ ἔστι διϑύραμβος ὅκχ᾽ ὕδωρ πίῃς.
„Und Epicharm sagte im '
Philoktet': ›Es gibt nicht den Dithyrambos, wenn du nur Wasser trinkst.‹"
Clemens Alexandrinus, Stromateis I 16,5 (78):
μέλος τε αὖ πρῶτος περιέϑηκε τοῖς ποιήμασι καὶ τοὺς Λακεδαιμονίων νόμους ἐμελοποίησε Τέρπανδρος ὁ Ἀντισσαῖος, διϑύραμβον δὲ ἐπενόησεν Λᾶσος Ἑρμιονεύς, ὕμνον Στησίχορος Ἱμεραῖος, χορείαν Ἀλκμὰν Λακεδαιμόνιος, τὰ ἐρωτικὰ Ἀνακρέων Τήιος, ὑπόρχησιν Πίνδαρος Θηβαῖος νόμους τε πρῶτος.
„Andererseits schuf Terpandros von Antissa zuerst Melodien zu den Gedichten und setzte die Nomen der Lakedämonier in Musik; Lasos von Hermione erfand den Dithyrambos, Stesichoros von Himera den Hymnos, Alkman von Lakedämon das Chorlied, Anakreon von Teos die Liebeslieder, Pindaros von Theben das Tanzlied, und Timotheos von Milet ließ zuerst Nomen im Chor und mit Kitharabegleitung singen."
Herodot I 23:
Περίανδρος δὲ ἦν Κυψέλου παῖς, οὗτος ὁ τῷ Θρασυβούλῳ τὸ χρηστήριον μηνύσας· ἐτυράννευε δὲ ὁ Περίανδρος Κορίνϑου. Τῷ δὴ λέγουσι Κορίνϑιοι (ὁμολογέουσι δέ σϕι Λέσβιοι) ἐν τῷ βίῳ ϑῶμα μέγιστον παραστῆναι, Ἀρίονα τὸν Μηϑυμναῖον ἐπὶ δελϕῖνος ἐξενειχϑέντα ἐπὶ Ταίναρον, ἐόντα κιϑαρῳδὸν τῶν τότε ἐόντων οὐδενὸς δεύτερον, καὶ διϑύραμβον πρῶτον ἀνϑρώπων τῶν ἡμεῖς ἴδμεν ποιήσαντά τε καὶ ὀνομάσαντα καὶ διδάξαντα ἐν Κορίνϑῳ.
„Periander, der dem Thrasybulos den Orakelspruch mitgeteilt hatte, war der Sohn des Kypselos. Periander herrschte über Korinth. ... Es ward beim Vorgebirge Tainaron auf dem Rücken eines Delphins an Land getragen: Arion von Methymna, ein Kitharöde, der nicht seinesgleichen hatte zu der Zeit und der als erster auf der Welt, soweit wir wissen, einen Dithyrambos kunstvoll gedichtet und benannt und einstudiert hat, in Korinth.“
Pindar, Ol. XIII 1 ff.:
„Preisend das Haus, das dreimal zu Olympia gesiegt hat, das freundlich ist zu den Bürgern
und seinen Gästen dient, will ich kenntlich machen
das gesegnete Korinth, die Vorhalle des Poseidon vom Isthmos, ...
...
vielfältig auch in den Busen der Männer gelegt
alte Erfindungen. Jedes Werk gehört dem Erfinder.
Wo sind zum Vorschien gekommen des Dionysos
Chariten mit dem stiertreibenden Dithyrambos?
... " (Übers. F. Dornseiff)
Platon, Kratylos 409b12-c3.
Platon, Phaedros 241e1.
Platon, leges 700:
„ ... Es war damals nämlich die Musik nach gewissen Arten und Formen eingeteilt, und eine Gattung des Gesanges waren die Gebete an die Götter, Hymnen genannt. Im Gegensatz zu ihnen stand eine andere Gattung von Gesang, die man in der Regel Threnen (Klagelieder) nennt. Eine weitere waren dann die Päane und noch eine andere die sogenannten Dithyramben, deren Ursprung auf Dionysos zurückgeht. Und als eine Art heiligen Gesanges zeichnete sie sich schon durch den Namen, die Nomoi, d.h. Gesetzesweisen, aus, und zwar waren es kitharodische Gesänge, denen sie diese Bezeichnung gaben. Gegen die feste Ordnung, in welche diese und noch einige andere Gattungen in dieser Weise gestellt wurden, durfte nicht verstoßen werden. ... Im weiteren Verlauf der Zeit aber waren es Dichter, die mit der gesetzeswidrigen Verunstaltung der Musik den Anfang machten, Männer von dichterischer Begabung, aber unkundig dessen, was für die Musik als Regel und Gesetz gelten muß. Hingegeben ihrem schwärmerischem Taumel und über Gebühr dem bloßen Lustgefühl folgend, mischten sie Threnen mit Hymnen und Päane mit Dithyramben. ... "
Plutarch, de musica 1141c (= Pherekrates, Fr. 155) - Plutarch, de musica 1142d:
Λᾶσος δ’ ὁ Ἑρμιονεὺς εἰς τὴν διϑυραμβικὴν ἀγωγὴν μεταστήσας τοὺς ῥυϑμούς, καὶ τῇ τῶν αὐλῶν πολυϕωνίᾳ κατακολουϑήσας, πλείοσί τε ϕϑόγγοις καὶ διερριμμένοις χρησάμενος, εἰς μετάϑεσιν τὴν προϋπάρχουσαν ἤγαγε μουσικήν. Ὁμοίως δὲ καὶ Μελανιππίδης ὁ μελοποιὸς ἐπιγενόμενος οὐκ ἐνέμεινε τῇ προϋπαρχούσῃ μουσικῇ, ἀλλ’ οὐδὲ Φιλόξενος οὐδὲ Τιμόϑεος· οὗτος γάρ, ἑπταφϑόγγου τῆς λύρας ὑπαρχούσης ἕως εἰς Τέρπανδρον τὸν Ἀντισσαῖον, διέρριψεν εἰς πλείονας ϕϑόγγους. ἀλλὰ γὰρ καὶ ἡ αὐλητικὴ ἀϕ’ ἁπλουστέρας εἰς ποικιλωτέραν μεταβέβηκε μουσικήν· τὸ γὰρ παλαιόν, ἕως εἰς Μελανιππίδην τὸν τῶν διϑυράμβων ποιητήν, συμβεβήκει τοὺς αὐλητὰς παρὰ τῶν ποιητῶν λαμβάνειν τοὺς μισϑούς, πρωταγωνιστούσης δηλονότι τῆς ποιήσεως, τῶν δ’ αὐλητῶν ὑπηρετούντων τοῖς διδασκάλοις· ὕστερον δὲ καὶ τοῦτο διεϕϑάρη, ὡς καὶ Φερεκράτη τὸν κωμικὸν εἰσαγαγεῖν τὴν Μουσικὴν ἐν γυναικείῳ σχήματι, ὅλην κατῃκισμένην τὸ σῶμα· ποιεῖ δὲ τὴν Δικαιοσύνην διαπυνϑανομένην τὴν αἰτίαν τῆς λώβης καὶ τὴν Ποίησιν λέγουσαν:
Lasos aus Hermione machte von den Rhythmen auch bei der dithyrambischen Poesie Gebrauch und vervielfältigte zugleich auch die Töne der Flöte., womit er sie begleitete. Durch diese Mannigfaltigkeit der verschiedenartigsten Töne brachte er eine große Veränderung der alten Musik zuwege. So blieben auch der Sänger Melanippides, der nachher kam, und ebenso Philoxenos und
Timotheos nicht bei der alten Musik stehen. Letzterer gab der Lyra, die seit Terpander aus Antissa nur sieben Saiten hatte, mehrere. Das Spiel der Flöte, das vorher ganz einfach war, wurde nun mehr zusammengesetzt. Denn in den früheren Zeiten, bis auf den Dithyrambendichter Melanippides, erhielten die Flötenspieler von den Poeten eine Sold, weil die Poesie den Vorrang hatte und die Flötenspieler nur als untergeordnete Diener derselben angesehen wurden. Diese Gewohnheit verlor sich aber in der Folge. Und daher kommt es, dass der komische Dichter
Pherekrates die Musik in weiblicher Gestalt und am ganzen Körper vergewaltigt in das Theater bringt. Er lässt auch die Gerechtigkeit nach der Ursache dieser üblen Behandlung fragen, worauf die Musik folgendermaßen antwortet:
‘Λέξω μὲν οὐκ ἄκουσα· σοί τε γὰρ κλύειν ἐμοί τε λέξαι ϑυμὸς ἡδονὴν ἔχει. (E) ἐμοὶ γὰρ ἦρξε τῶν κακῶν Μελανιππίδης, ἐν τοῖσι πρῶτος ὃς λαβὼν ἀνῆκέ με χαλαρωτέραν τ’ ἐποίησε χορδαῖς δώδεκα. ἀλλ’ οὖν ὅμως οὗτος μὲν ἦν ἀποχρῶν ἀνὴρ ἔμοιγε πρὸς τὰ νῦν κακά. Κινησίας δέ μ’ ὁ κατάρατος Ἀττικός, ἐξαρμονίους καμπὰς ποιῶν ἐν ταῖς στροφαῖς ἀπολώλεχ’ οὕτως, ὥστε τῆς ποιήσεως (F) τῶν διϑυράμβων, καϑάπερ ἐν ταῖς ἀσπίσιν, ἀριστέρ’ αὐτοῦ ϕαίνεται τὰ δεξιά. ἀλλ’ οὖν ἀνεκτὸς οὗτος ἦν ὅμως ἐμοί. Φρῦνις δ’ ἴδιον στρόβιλον ἐμβαλών τινα κάμπτων με καὶ στρέϕων ὅλην διέϕϑορεν, ἐν πέντε χορδαῖς δώδεχ’ ἁρμονίας ἔχων. ἀλλ’ οὖν ἔμοιγε χοὖτος ἦν ἀποχρῶν ἀνήρ·εἰ γάρ τι κἀξήμαρτεν, αὖϑις ἀνέλαβεν. ὁ δὲ Τιμόϑεός μ’, ὦ ϕιλτάτη, κατορώρυχε καὶ διακέκναικ’ αἴσχιστα. Ποῖος οὑτοσὶ ὁ Τιμόϑεος Μιλήσιός τις πυρρίας.
„Gern will ich dir antworten, da es dir ebensoviel Vergnügen zu machen scheint, es zu hören, wie mir, es zu sagen. Als die erste Ursache meines Verderbens sehe ich den Melanippides an, der mich durch seine 12 Saiten seiner Kraft beraubt und weibisch gemacht hat. Doch war dieses noch zu ertragen, besonders im Vergleich zu dem, was ich nachher erfahren musste. Kinesias, der verwünschte Athener, hat mich dadurch, dass er in seine Strophen Biegungen hineinbrachte, denen es an jeglicher Harmonie fehlte, so zugerichtet, dass in den Dithyramben alles verkehrt erscheint und wie bei den Schilden die rechte Seite sich auf der linken zeigt. Gleichwohl war er noch nicht der schlimmste. Phrynis, der noch einen schrecklichen Wirbel hineinbrachte, und mich krümmte und drehte, um aus 5 Saiten 12 Harmonien hervorzubringen, hat mich gar vollends verdorben. Dennoch war es ihm nicht genug: Was er verdarb, verbesserte er auch wieder.
Timotheos hingegen, meine Beste, hat mich auf das Ärgste misshandelt und mir den letzten Stoß gegeben.
Die Gerechtigkeit: Was für ein Timotheos?
Die Musik: Der Milesier, der hat mir zehntausendfaches Übel angetan und mir durch seine abscheulichen Triller und Läufer mehr Unheil gebracht als alle vorher Genannten. Wenn er mich irgendwo allein gehend fand, so band er mich los und zerlegte mich in 12 Saiten.
καὶ Ἀριστοϕάνης ὁ κωμικὸς μνημονεύει Φιλοξένου καί ϕησιν ὅτι εἰς τοὺς κυκλίους χοροὺς μέλη εἰσηνέγκατο. ἡ δὲ Μουσικὴ λέγει ταῦτα·‘ἐξαρμονίους ὑπερβολαίους τ’ ἀνοσίους καὶ νιγλάρους, ὥσπερ τε τὰς ῥαϕάνους ὅλην καμπῶν με κατεμέστωσε.’ καὶ ἄλλοι δὲ κωμῳδοποιοὶ ἔδειξαν τὴν ἀτοπίαν τῶν μετὰ καὶ ἄλλοι δὲ κωμῳδοποιοὶ ἔδειξαν τὴν ἀτοπίαν τῶν μετὰ ταῦτα τὴν μουσικὴν κατακεκερματικότων.
(B) Ὅτι δὲ παρὰ τὰς ἀγωγὰς καὶ τὰς μαϑήσεις διόρϑωσις ἢ διαστροϕὴ γίγνεται, δῆλον Ἀριστόξενος ἐποίησε.
τῶν γὰρ κατὰ τὴν αὑτοῦ ἡλικίαν ϕησὶ Τελεσίᾳ τῷ Θηβαίῳ συμβῆναι νέῳ μὲν ὄντι τραϕῆναι ἐν τῇ καλλίστῃ μουσικῇ, καὶ μαϑεῖν ἄλλα τε τῶν εὐδοκιμούντων καὶ δὴ καὶ τὰ Πινδάρου, τά τε Διονυσίου τοῦ Θηβαίου καὶ τὰ Λάμπρου καὶ τὰ Πρατίνου καὶ τῶν λοιπῶν ὅσοι τῶν λυρικῶν ἄνδρες ἐγένοντο ποιηταὶ κρουμάτων ἀγαϑοί· καὶ αὐλῆσαι δὲ καλῶς καὶ περὶ τὰ λοιπὰ μέρη τῆς συμπάσης παιδείας ἱκανῶς διαπονηϑῆναι· παραλλάξαντα δὲ τὴν τῆς ἀκμῆς ἡλικίαν, οὕτω σϕόδρα ἐξαπα (C) τηϑῆναι ὑπὸ τῆς σκηνικῆς τε καὶ ποικίλης μουσικῆς, ὡς καταϕρονῆσαι τῶν καλῶν ἐκείνων ἐν οἷς ἀνετράϕη, τὰ Φιλοξένου δὲ καὶ Τιμοϑέου ἐκμανϑάνειν, καὶ τούτων αὐτῶν τὰ ποικιλώτατα καὶ πλείστην ἐν αὑτοῖς ἔχοντα καινοτομίαν· ὁρμήσαντά τ’ ἐπὶ τὸ ποιεῖν μέλη καὶ διαπειρώμενον ἀμϕοτέρων τῶν τρόπων, τοῦ τε Πινδαρείου καὶ τοῦ Φιλοξενείου, μὴ δύνασϑαι κατορϑοῦν ἐν τῷ Φιλοξενείῳ γένει· γεγενῆσϑαι δ’ αἰτίαν τὴν ἐκ παιδὸς καλλίστην ἀγωγήν.
Εἰ οὖν τις βούλεται μουσικῇ καλῶς καὶ κεκριμένως χρῆσϑαι, τὸν ἀρχαῖον ἀπομιμείσϑω τρόπον ...
Der Komiker Aristophanes gedenkt des Philoxenos und sagt, dass dieser zuerst den Gesang bei den
Kreistänzen eingeführt habe. Die Musik drückt sich darüber in folgenden Worten aus:
„Er hat mich schlaffer, weicher und biegsamer als Kohl gemacht und mich ganz mit disharmonischen Trillern und Läufern erfüllt, die keine Würde und keinen Nachdruck haben.“ Auch andere komische Dichter haben gezeigt, wie ungereimt es war, die Musik gleichsam so zu zerstückeln.
Dass der erste Unterricht und die erste Bildung viel dazu beiträgt, die Sitten und den Geschmack in den Künsten zu veredeln oder zu verderben, hat Aristoxenos durch folgendes Beispiel gelehrt:
„Wie er nämlich sagt, sei unter seinen Zeitgenossen Thelesias aus Theben, als er jung war, zur schönste Musik erzogen worden; dieser habe die Werke der berühmten Musiker kennengelernt, und zwar von Pindar, Dionysios von Theben, Lampros, Pratinas und den übrigen Männern, die alle treffliche Erfinder von Instrumentalstücken (ποιηταὶ κρουμάτων ἀγαϑοί) für die Lyra gewesen waren. Er habe auch schön auf dem Aulos gespielt und sei in den übrigen Bereichen der gesamten Erziehung genügend herangebildet worden. Als er das Alter der Lebensblüte überschritten habe, sei er so sehr von der zur szenischen Darstellung gehörigen und verwickelten Musik getäuscht worden, dass er jene schönen Gattungen missachtet habe, in welchen er erzogen war. Er habe die Werke von
Philoxenos und
Timotheos kennengelernt und auch deren bunteste Stücke sowie jene, die in höchstem maße eine neuerung in sich aufwiesen. Als er sich jedoch anschickte, Melodien zu verfassen und beide Gesangsweisen, die des Pindar und die des Philoxenos, versuchte, sei es ihm in der Art des Philoxenos nicht gelungen: Der Grund hierfür sei seine äußerst treffliche Anleitung von Kindheit an gewesen.“
Wenn also jemand die Musik mit Geschmack und Beurteilung betreiben will, so folge er der alten Manier ... (Übers. nach Kaltwasser/Kaiser).
Lit. zur Stelle: J.F.S. Kaltwasser, Plutarchs moralische Abhandlungen aus dem Griechischen übersetzt, IX (Frankfurt 1800) 50-52;
ed. A. Meineke, Poetarum Comicorum Graecorum Fragmenta, II 1 (Berlin 1839) 326; Kock, Comicorum atticorum fragmenta, (Leipzig 1880); Donatella-Restani, Il “Chirone” di Ferecrate e la 'nuova' musica greca, Rivista Italiana di Musicologia, 18, 1983, 139-192; ed. R. Kassel - C. Austin, Poetae Comici Graeci (PCG), VII (Berlin - New York 1989) 178-183 Fr. 155 (145); B. Zimmermann, Dithyrambos. Geschichte einer Gattung, Hypomnemata, 98 (Göttingen 1992) 122 ff.; I. Kaiser, Die Fragmente des Aristoxenos aus Tarent. Neu herausgegeben und ergänzt, erläutert und übersetzt, Spudasmata, 128 (Hildesheim - Zürich - New York 2010) 23.
Suda α 3886; 1, 351 Adler:
(Text folgt)
Suda s.v. Kyklodidaskalos:
Κυκλιοδιδάσκαλος· πρῶτος Λάγος ὁ Ἑρμηνεὺς τοὺς κυκλίους χοροὺς ἔστησε.
„Kyklodidaskalos: als Erster hat Lasos von Hermione die kyklischen Chöre aufgestellt."
Literatur
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E. Scheibel, De dithyramborum Graecorum argumentis (Liegnitz 1845).
A. Milchhöfer, Bacchische Siegesfeier, Archäologische Zeitung 38, 1880, 182 f.
E. Reisch, Griechische Weihgeschenke (1890) 68 ff.
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darin:
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weblinks: