VICUS RARAUNUM, Rom (Gallia Lugdunensis)

Rom, Vorder- und Rückseite des Fluchtäfelchens (nach Egger).

Beschreibung

Ein Theater ist am Ort nicht bekannt. Der Ort ist jedoch wegen des Fundes eines Fluchtäfelchens in einem Brunnen aufgeführt. In dem Text wird auf das Theaterleben der gallischen Provinzen Bezug genommen.

Bleierne Fluchtafel.

Es handelt sich um einen Verfluchungstext gegen mehrere Mimen auf einem Bleitäfelchen in umgangssprachlichem Latein. Der Fundort vicus Rauranum bzw. das heutige Rom im Département Deux Sèvres scheint kein eigenes Theater zu besitzen und es ist unbekannt, wo sich die Vorgänge abspielten, welche die folgenden Verfluchungen nach sich zogen. Die nächst gelegenen Theater sind jene in Öffnet internen Link im aktuellen FensterSanxay, Öffnet internen Link im aktuellen FensterAntigny und Öffnet internen Link im aktuellen FensterCivaux, doch kann sich die Geschichte auch woanders zugetragen haben, zumal es sich um eine fahrende Truppe handelt, die sicherlich in vielen verschiedenen gallischen Theatern auftrat. Von daher beansprucht der Text große exemplarische Bedeutung bezüglich der Theatergeschichte, die er reflektiert.

Vorderseite

1 Apeci alligato Tr[i]-
2 nemeton Caticno-
3 n, nudato Seneciolu-
4 m Asedem Trition
5 Neocarinon Didon-
6 m‹m›. Sosio deliria
7 Sosio pyra Sosio
8 cottidie doleto.
9 Sosio loqui neqeat.
10 Sosio de Maturo et Eri-
11 dunna ne cluisse, Sosio

Rückseite

12 ne voteat imol[a]-
13 re. Aqanno te tor-
14 qeto. Nana te com-
15 cruciato. Sosio de Eu-
16 molpo mimo ne eni-
17 tuisse poteat. ebri-
18 a vi monam age-
19 re neqeat‹i› in eqo-
20 leo. ne voteat imol-
21 are. Sosio de Fotio m-
22 imo ne adem‹t›isse
23 victoriam voteat ….
24 v …

Die folgende Inhaltsangabe folgt der Lesung Rudolf Eggers. Unter Anrufung der Geister Apecius, Aqanno und Nana werden als Erstes die beiden Trinemetos und Caticnos gebunden, im Sinne von handlungsunfähig gemacht. Sodann sollen Seneciolus, Trition und Neocarinus sowie die beiden Frauen Asedis und Dido entblößt werden. Dem Sosius wird Krankheit, Fieber und täglicher Schmerz gewünscht. Er soll nicht sprechen können. Maturus und Eridunna soll Sosius im Zusammenspiel nicht übertrumpfen können. Sosius soll auch nicht opfern können. Aquanno soll ihn foltern. Nana soll ihn martern. Sosius soll über den Mimen Eumolpios nicht siegen können. Er soll nicht im betrunkenen Zustand die Frau auf einem Fohlen reitend spielen können, Rollen, die sich auf den Einzug bzw. die pompa des Spielegebers ins Theater beziehen. Wiederum wird ihm gewünscht, nicht opfern zu können, eine Handlung, die zum festlichen Ablauf der Spiele dazugehörte und ihre religiöse Komponente unterstreicht. Sosius soll Fotius nicht besiegen können.

Das Fluchtäfelchen gibt einen der seltenen Reflexe darüber, was in den ländlichen gallischen Theatern passierte und wie dies vom Publikum reflektiert werden konnte. Sosius war ein Mime, der mit seinen Soloauftritten mit anderen Mimen konkurrierte und mit diesen offenbar in einem agonalen Wettbewerb stand. Diese verschiedenen und miteinander konkurrierenden Schauspieler gehörten zu einer Schauspielertruppe, einer grex. Innerhalb dieser bildeten sich factiones, wie sie z. Bsp. in Öffnet internen Link im aktuellen FensterArles belegt sind (CIL XII 239). Ihre Wettbewerbe gipfelten oft in gewalttätige Auseinandersetzungen, an denen das Publikum beteiligt war. Hierüber äußerte sich der in der Zeit von Kaiser Septimius Severus schreibende Jurist Öffnet externen Link in neuem FensterCallistratus in seiner Schrift »de cognitionibus VI« (Digg. XLVIII 19,23,3).

Literatur: C. Jullian, Revue celtique 19, 1898, 168 ff.; E.W.B. Nicholson, Zeitschrift für celtische Philologie 3, 1901, 311 ff.; J. Rhys, The Celtic Inscriptions of France and Italy (1906) 94 ff.; O. Haas, Zeitschrift für celtische Philologie 23, 285 ff.; Abbé Chapeau, La tablette celtique de Rom, Bulletin de la Société des Antiquaires de l'Ouest 1924, 686; Öffnet externen Link in neuem Fensterders., Die gallische Fluchtafel von Rom, Zeitschrift für celtische Philologie 27, 1959, 206-220; R. Egger, Die Fluchtafel von Rom (Deux Sèvres), Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch-historische Klasse, 240 (Wien 1962) 1-25; H.S. Versnel, May he not be able to sacrifice, ZPE 58, 1985, 247-269 (Öffnet externen Link in neuem FensterJSTOR); J. Allain - I. Fauduet, Notice sur les tablettes de plomb d'Argentomagus, in: Chr. Goudineau - I. Fauduet - G. Coulon (Hrsg.), Les sanctuaires de tradition indigène en Gaule romaine, Actes du colloque d'Argentomagus (Argenton-sur-Creuse/Saint-Marcel, Indre) 8, 9, et 10 Octobre 1992 (Paris 1994) 184.

weblinks:

Öffnet externen Link in neuem Fensterhttp://blogs.paysmellois.org/rauranum/index.php/

Öffnet externen Link in neuem Fensterhttp://tabellaproject.e-monsite.com/pages/gaule/rom.html