Die Iuvenalia oder ludi Iuvenales waren von Kaiser Nero im Jahre 59 aus Anlass seiner erster Bartrasur gegründete Bühnenspiele. Nach der Regierungszeit Neros wurde der Name der Spiele beibehalten, von nun an aber am 1. Januar gefeiert: Sie bestanden ab da aus Zirkusrennen und Tierkämpfen.
Quellen
Sueton, Nero 11-12:
Spectaculorum plurima et varia genera edidit: iuvenales, circenses, scaenicos ludos, gladiatorium munus. Iuvenalibus senes quoque consulares anusque matronas recepit ad lusum. Circensibus loca equiti secreta a ceteris tribuit commisitque etiam camelorum quadrigas. Ludis, quos pro aeternitate imperii susceptos appellari "maximos" voluit, ex utroque ordine et sexu plerique ludicras partes sustinuerunt; notissimus eques R. elephanto supersidens per catadromum decucurrit; inducta Afrani togata, quae Incendium inscribitur, concessumque ut scaenici ardentis domus supellectilem diriperent ac sibi haberent; sparsa et populo missilia omnium rerum per omnes dies: singula cotidie milia avium cuiusque generis, multiplex penus, tesserae frumentariae, vestis, aurum, argentum, gemmae, margaritae, tabulae pictae, mancipia, iumenta atque etiam mansuetae ferae, novissimae naves, insulae, agri
„ (11) Schauspiele verschiedenster Art gab Nero in großer Zahl: Jugend- und Zirkusspiele, Theatervorstellungen und einen Gladiatorenkampf. Bei den Jugendspielen ließ er auch ältere gewesene Konsuln und betagte Damen auftreten. Bei den Spielen, die er für den ewigen Bestand des Reiches gab und die 'Die Größten' genannt werden sollten, übernahmen viele Personen beider Stände und beiderlei Geschlechts die Rollen: Ein sehr bekannter römischer Ritter ritt auf einem Elefanten über ein abwärts gespanntes Seil; des Afranius römische Komödie 'Der Brand' wurde aufgeführt, wobei es den Schauspielern gestattet war, das brennende Haus zu plündern und den Hausrat für sich zu behalten. Jeden Tag wurden auch alle möglichen Geschenke unter das Volk geworfen: täglich 1.000 verschiedene Vögel, allerlei Esswaren, Gutscheine für den Bezug von Getreide, Kleider, Gold, Silber, Edelsteine, Perlen, Gemälde, Gutscheine für Sklaven, Vieh und auch für gezähmte Wildtiere, zuletzt sogar für Schiffe, Mietshäuser und Grundstücke."
Hos ludos spectavit e proscaeni fastigio.
„(12) Diesen Spielen schaute Nero von einem erhöhten Platz des Proscänium aus zu." (Übers. A. Lambert)
Cassius Dio LXII:
(19,1) Zur damaligen Zeit ließ er so viele Dankesopfer für seine Rettung, wie er sagte abhalten und weihte den Fleischmarkt, das sogenannte Macellum, ein. Danach schuf er eine neue Art von Fest. Es trug die Bezeichnung »Iuvenalia« oder Spiele der Jugend und wurde zu Ehren seines Bartes begangen, den sich Nero um jene Zeit erstmals abnehmen ließ, um dann die Haare in eine kleine Goldkugel zu legen und dem Jupiter Capitolinus zu weihen. Zu diesem Feste mussten neben allen andern auch die Mitglieder der vornehmsten Geschlechter irgendetwas ganz besonderes bieten. (2) Zum Beispiel tanzte Älia Capella, eine Frau nicht nur aus vornehmer Familie und von bedeutendem Reichtum, sondern auch in vorgerücktem Alter – sie zählte 80 Jahre – in einer Pantomime mit, während andere, die infolge Alters oder Krankheit selbst nichts zu bieten vermochten, sich im Chor betätigten. Alle übten sich nämlich nach besten Kräften in der Entfaltung ihrer Möglichkeiten, und die Vornehmsten, Männer und Frauen, Mädchen und Jünglinge, Greisinnen und Greise besuchten entsprechende Schulen. (3) Wenn aber einer sonst wie zu keiner Unterhaltung beitragen konnte, so wurde er den Chören zugeteilt. Und da einige von ihnen aus Scham Masken aufsetzten, um nicht erkannt zu werden, befahl Nero, angeblich auf Verlangen des Volkes, diese abzunehmen, und zeigte die Spieler dem Pöbel, der kurz zuvor noch unter ihrem Befehl gestanden hatte. (4) Und besonders damals priesen nicht nur jene Darsteller, sonder auch die übrigen all die Toten glücklich; denn viele von den ersten Männern waren im Laufe dieses Jahres gestorben. Einige von ihnen hatte man sogar beschuldigt, eine Verschwörung gegen Nero zu betreiben, worauf Soldaten sie einkreisten und zu Tode steinigten.
(20,1) Und da die erwähnten Darbietungen eine Steigerung erfahren mußten, trat Nero sogar selbst im Theater auf, unter seinem eigenen Namen von Gallio angekündigt. Nun stand denn dieser Cäsar auf der Bühne, im Gewande eines Leierspielers, und er richtete an das Publikum die Wort: „Meine Herren, leihet mir euer Geneigtes Ohr!“ (2) Dann trug dieser Augustus zur Leier einen »Attis« oder »Die Bacchanten« vor, während eine Menge Soldaten dabeistand und das ganze Volk, soweit es nur die Plätze fassen konnten, sitzend lauschte. Nero hatte indessen, wie es uns wenigstens überliefert wird, nur eine schwache und undeutliche Stimme, so daß er die ganze Zuhörerschaft gleichzeitig zum Lachen und zum Weinen brachte. (3) Und wie Lehrer standen Burrus und Seneca ihm zu Seite und sagten ein; sie schwenkten ihre Arme und Togen, wenn er einen Ton von sich gab, und veranlßten so auch die anderen, dergleichen zu tun. Der Kaiser hatte überdies noch eine Truppe von 5000 Soldaten an der Hand. (4) Sie hießen Augustaner, und sie begannen mit dem Beifallklatschen, worauf sich alle anderen, obschon zögernd, ihrem Geschrei anschließen mussten. Nur Thrasesa machte eine Ausnahme. Denn niemals wollte er Nero bei solchen gelegenheit zu Hilfe kommen, während der ganze Rest und vor allem die Vornehmen, obwohl mit Gram im Herzen, sich eifrig versammelten und in jedes Beifallsgeschrei der Augustaner einstimmten, als ob sie sich tatsächlich freuten. (5) Und man hätte wohl ihre Rufe vernehmen können: „Herrlicher Cäsar! Unser Apollo! Unser Augustus! Ein zweiter Pythier! Wir schwören dir Cäsar, niemand übertrifft dich!“ Nach diesem Auftritt bewirtete er das Volk bei einem Bootsfest an der Stelle, wo einstmals Augustus seine Seeschlacht hatte abhalten lassen. Von dort fuhr er dann um Mitternacht durch einen Kanal in den Tiber.
(21,1) Dies alles tat der Kaiser, um die Abnahme seines Bartes feierlich zu begehen. ... “ (Übers. O. Veh)
Tacitus, ann. XIV 15:
„Um sich jedoch vorderhand nicht auf der öffentlichen Bühne bloßzustellen, stiftete er Spiele unter dem Namen Iuvenalia, für die von allen Seiten Meldungen eingingen. Nicht Adel, nicht Alter, nicht früher bekleidete Ehrenstellen bildeten ein Hindernis, griechischer oder lateinische Schauspielkunst auszuüben und sich zu unmännlichen Gebärden und Singsang herabzulassen. Ja, auch erlauchte Frauen übten häßliche Stücke ein. In einem Hain, den Augustus um einen für Schiffskämpfe bestimmten See hatte anlegen lassen, wurden Amüsierlokale und Kneipen errichtet und alles zum Verkauf ausgelegt, was dazu dient, zur Ausschweifung zu reizen. Auch wurden Beihilfen ausgesetzt, welche die Anständigen nur unter Zwang, die Genußsüchtigen mit eitlem Geprahle verbrauchten. So nahm das schändliche und ehrlose Treiben immer mehr überhand, und nie ist eine schon vorher vorhandene Sittenverderbnis zu größerer Liederlichkeit entfesselt worden als von dem Gesindel, das sich dort zusammenfand. Schon bei anständigen Beschäftigungen hat man Mühe, das Ehrgefühl zu wahren, geschweige denn, dass bei einem Wettstreit der Laster Scham und Zucht oder auch nur eine Spur von Anstand und Sitte sich behauptet. Zuletzt erschien er selbst uf der Bühne, wobei er sich mit großer Sorgfalt auf die Kithara versuchte und vorher mit seinen Musiklehrern Vorübungen machte. Ein Kohorte Soldaten war aufmarschiert, dabei Zenturionen, Tribunen und Burrus, traurig und Lob spendend. Damals war es auch, dass zum ersten Mal römische Ritter unter dem Namen 'Augustianer' listenmäßiog erfasst wurden. Es waren auffallend junge, kräftige Männer, die teils von Haus aus frech veranlagt waren, teils in der Hoffnung auf eine einflussreiche Stellung sich so betätigten. Diese spendeten Tag und Nacht lärmenden Beifall, wobei sie der äußeren Erscheinung und der Stimme des Princeps Namen von Göttern beilegten. ..."
Tacitus, ann. XV 33-34:
„Unter dem Konsulat des C. Laecanius und M. Licinius wurde Nero von eine von Tag zu Tag wachsenden Begierde erfaßt, auf öffentlichen Bühnen aufzutreten. Bisher hatte er nur in seinem Palast oder in einem Park an den Iuvenalischen Spielen gesungen, die aber als zu schwach besucht und deren Rahmen er für seine mächtige Stimme als zu eng ablehnte. Doch wagte er nicht, in Rom damit seinen Anfang zu machen, sonder er wählte dazu Neapel aus, weil es eine griechische Stadt sei. Dort wollte er zuerst auftreten und dann nach Achaia hinüberfahren, um die berühmten, seit alters geheiligten Kränze zu erlangen und durch seinen so vermehrten Ruhmden Bürgern ihren Beifall zu entlocken. So wurde denn die dortige Stadtbevölkerung zusammengetrieben und zusammen mit ihr füllten die Bewohner der nächstgelegenen Kolonien und Landstädte, die die Nachricht von diesem Ereignis herbeigelockt hatte, ferner alle diejenigen, die ehrenhalber oder zu allerlei dienstlichen Verpflichtungen im Gefolge des Cäsars waren, ja sogar ganze Soldatenabteilungen das Theater in Neapel."
Tacitus, ann. XVI 21.
Cassius Dio LXVII 14,3 (zum Jahre 95):
„Den Glabrio hingegen, Trajans früheren Mitkonsul, ließ er töten; gegen ihn war neben den gleichen Anschuldigungen, wie sie auch die Mehrzahl der anderen trafen, vor allem ins Feld geführt worden, daß er als Gladiator mit wilden Tieren gekämpft habe. Sein dabei bewiesener Mut hatte ihm vor allem den Groll des Kaisers eingetragen, der ihn deshalb beneidete. Domitian hatte nämlich Glabrio während dessen Konsulats auf sein Albanergut eingeladen, um den sogenannten Juvenalien beizuwohnen, und ihn bei dieser Gelegenheit genötigt, einen großen Löwen zu erlegen. Und Glabrio blieb nicht nur völlig unverletzt, sondern tötete auch noch das Tier mit einem wohlgezielten Streich."
Hierzu auch: Juvenal, Satiren IV 99:
„Mit ihm eilte der gleichaltrige Acilius (Glabrio) herbei, zusammen mit einem Jüngling, der es nicht verdient hatte, dass ihn solch grausamer Tod so zeitig von des Gebieters Schwert erwartete. Aber schon lange ist hohes Alter, verbunden mit edler Abstammung, geradezu ein Wunder, weshalb ich lieber der kleine Bruder eines Riesen sein möchte. Dem Armen half es nicht, dass er wiederholt im Nahkampf numidische Bären durchbohrte, ein nackter Tierkämpfer in der Arena zu Alba."
Sidonius Apollinaris, Carm. XXIII.307, 428:
SHA, Die drei Gordiane, 4:
Literatur
F. Dupont, L'acteur du Roi ou le théâtre dans la Rome antique (Paris 1985) 429 ff.; A. Heinemann, Sportfreunde: Nero und Domitian als Begründer griechischer Agone in Rom, in: S. Bönisch-Meyer - L. Cordes - V. Schulz - A. Wolsfeld - M. Ziegert (Hrsg.), Nero und Domitian. Mediale Diskurse der Herrscherrepräsentation im Vergleich, Classica Monacensia (Tübingen 2014) 243-250.