Zu pantomimischen Aufführungen Karthagos im Allgemeinen
Augustinus, de doctrina christiana II 25,38 (latein. Text):
Illa enim signa quae saltando faciunt histriones, si natura, non instituto et consensione hominum valerent, non primis temporibus saltante pantomimo praeco praenuntiaret populo Carthaginis quid saltator vellet intellegi. Quod adhuc multi meminerunt senes, quorum relatu haec solemus audire. Quod ideo credendum est, quia nunc quoque si quis theatrum talium nugarum imperitus intraverit, nisi ei dicatur ab altero quid illi motus significent, frustra totus intentus est.
„Würden z. B. jene Zeichen, welche die Gaukler beim Tanze geben, schon von Natur aus und nicht erst durch menschliche Einrichtung und Übereinkunft ihre bestimmte Bedeutung haben, dann hätte in alten Zeiten beim Tanz eines Pantomimen kein Herold den Karthagern lange verkündigen müssen, was der Tänzer eigentlich verstanden wissen wollte. An solche Erklärungen (durch den Herold) können sich noch viele alte Leute erinnern, aus deren Erzählungen ich solche Dinge zu schöpfen pflege. Dies ist auch deshalb ganz gut glaublich, weil noch heute ein in solchen Possen unerfahrener Mann beim Besuch eines Theaters mit gespannter Aufmerksamkeit zuschauen kann, ohne etwas davon zu haben, wenn ihm nicht jemand anderer die Bedeutung der Bewegungen erklärt." (Übers. BKV)
Asclepieia
Spiele zu Ehren des Gottes Asclepius.
Apuleius, florida XVIII (lateinisch)
(Text folgt)
Lit.: A. La Rocca, Il filosofo e la città: commeto storico ai Florida di Apuleio (Rom 2005) 263 ff.; B. Todd Lee, Apuleius' Florida, Texte und Kommentare, 25 (Berlin - New York 2005) 54 ff. (Text); 167 ff. (Kommentar).
Schauspieler-Inschrift aus Ostia, CIL XIV 474:
Kommentar:
Neben den Spielen zu Ehren des Asklepius in Karthago siegte der in der Inschrift aus Ostia Geehrte auch bei den pythischen Spielen in Karthago. Leider ist nicht eindeutig, in welchem Cäsarea der Geehrte die Spiele zu Ehren des severischen Kaiserhauses bzw. des Commodus gewann. Nach der geographischen Verteilung käme sowohl Caesarea Maritima in Palästina als auch Cäsarea-Iol in Mauretanien infrage.
Lit.: L. Robert, Une version de Perpétue martyre à Carthage en 203, CRAI 1982, 228-276, bes. 231 (= Opera minora selecta V Amsterdam 1989] 791-839, bes. 794.
Pythien
Spiele zu Ehren des Apollon Pythios.
Tertullian, scorpiace 6:
Übersetzung:
„Mit welcher Vorliebe die eben stattfindenden Kampfspiele, diese streitvollen Festlichkeiten, diese abergläubischen Wettkämpfe bei den griechischen Religionsfesten und Ausschweifungen von der Heidenwelt gefeiert werden, ist auch bereits in Afrika mannigfach bekannt. Noch immer lassen die einzelnen Städte Karthago keine Ruhe mit ihren Glückwünschen, daß, nachdem die Rennbahn etwas Altes geworden, ihr ein pythischer Wettkampf zuteil wurde. Es galt von jeher für etwas höchst Angemessenes, Proben seiner Leistungen abzulegen, zu wetteifern, wer in den Fertigkeiten der Körperkraft und Stimmmittel am meisten vermöge, wobei der Kampfpreis den Herold und die Schaulust den Richter macht, das Amusement aber die Entscheidung trifft. Wo ungeschützt gekämpft wird, da gibt es immer Wunden. Die Fäuste werden geschwungen, die Fersen teilen Tritte aus, man wird durch die Faustriemen geschunden, durch die Peitschen zerfleischt. Niemand jedoch wird dem vorsitzenden Kampfrichter den Vorwurf machen, er setze die Menschen gewalttätiger Verletzung aus. Klagen über Injurien gehören nicht in die Rennbahn. Nur das, was um jene blauen Flecken, Wunden und Beulen zu haben ist, behält man im Auge, die Kränze, die Ehre, die Gaben, die staatlichen Auszeichnungen, die Besoldungen seitens der Bürgerschaft, die Bilder, Statuen und jene Art von Unsterblichkeit, wie sie die Welt zu verleihen imstande ist, das ewige Leben des Ruhmes und die Auferstehung im Angedenken der Menschen. Der Kämpfer klagt nicht über seine Schmerzen, denn er will sie. Der Kranz schließt ihm die Wunden, die Siegespalme überschattet das Blut. Wolltest du den für einen geschlagenen Mann halten, dessen Freude du mit Augen siehst? Nicht einmal der Besiegte wird dem Preisrichter seinen Unfall zum Vorwurf machen.“
Schauspieler-Inschrift aus Ostia, CIL XIV 474, siehe oben unter Asclepieia.
Anonyme Sieger-Inschrift aus Perinth, IGRR I Nr. 802.
Lit.: L. Robert, Une version de Perpétue martyre à Carthage en 203, CRAI 1982, 228-276, bes. 231f. (= Opera minora selecta V [Amsterdam 1989] 791-839, bes. 794 f.; Chr. Hugoniot, Peut-on écrire que les spectacles furent un facteur de romanisation en Afrique du Nord?, in: Y. Lafond u.a. (Hrsg.), L'Afrique romaine - Ier siècle avant J.-C. début Ve siècle après J.-C., Actes du colloque de la SOPHAU Poitiers, 1-3 avril 2005, Pallas 68, 2005, 242 ff.; R. Lafer, Schauspiele und Schauspielebesuch bei Tertullian, Cyprian und Novatian im Vergleich, in: K. Strobel (Hrsg.), Die Geschichte der Antike aktuell: Methoden, Ergebnisse und Rezeption, Akten des 9. gesamtösterreichischen Althistorikertages 2002 und der V. Internationalen Table Ronde zur Geschichte der Alpen-Adria-Region in der Antike, Klagenfurt 14. 11-17. 11. 2002, Altertumswissenschaftliche Studien Klagenfurt, 2 (Klagenfurt 2005) 249-263.
Spiele zu Ehren der Caelestis
Augustinus, de civitate dei II 4:
... Veniebamus etiam nos aliquando adulescentes ad spectacula ludibriaque sacrilegiorum, spectabamus arrepticios, audiebamus symphoniacos, ludis turpissimis, qui diis deabusque exhibebantur, oblectabamur, Caelesti virgini et Berecynthiae matri omnium, ante cuius lecticam die sollemni lavationis eius talia per publicum cantitabantur a nequissimis scaenicis, qualia, non dico matrem deorum, sed matrem qualiumcumque senatorum vel quorumlibet honestorum virorum, immo vero qualia nec matrem ipsorum scaenicorum deceret audire. Habet enim quiddam erga parentes humana verecundia, quod nec ipsa nequitia possit auferre. Illam proinde turpitudinem obscenorum dictorum atque factorum scaenicos ipsos domi suae proludendi causa coram matribus suis agere puderet, quam per publicum agebant coram deum matre spectante atque audiente utriusque sexus frequentissima multitudine. Quae si inlecta curiositate adesse potuit circumfusa, saltem offensa castitate debuit abire confusa. Quae sunt sacrilegia, si illa sunt sacra? aut quae inquinatio, si illa lavatio? Et haec fercula appellabantur, quasi celebraretur convivium, quo velut suis epulis inmunda daemonia pascerentur. ...
„... Auch ich ging ehedem als junger Mann zu den gotteslästerlichen Schaustücken und Spielen, sah die Besessenen, hörte die Musikanten, ergötzte mich an den schändlichen Spielen, die zu Ehren der Götter und Göttinen veranstaltet wurden, zu Ehren der Jungfrau Cälestis und der berecynthischen Göttermutter, vor deren Ruhestätte am Feste ihrer Reinigung von ganz nichtswürdigen Komödianten öffentlich Lieder gesungen wurden, dergleichen zu hören, ich sage nicht: für die Mutter der Götter, sondern für die Mutter eines beliebigen Senators und überhaupt jedes ehrbaren Mannes, ja selbst für die Mutter der Komödianten unanständig wäre. Denn der Achtung der Menschen gegen ihre Eltern ist ein gewisses etwas eigen, das nicht einmal die Schlechtigkeit auszutilgen vermag. Es würden sich also die Komödianten selbst schämen, diese Schändlichkeiten an unzüchtigen Worten und Handlungen zu Hause vor ihren Müttern einzuüben, wie sie sie öffentlich vor der Göttermutter aufführten vor den Augen und Ohren einer dichtgedrängten Zuschauerschaft beiderlei Geschlechtes. Wenn diese, von Neugierde angelockt, es über sich brachte, so zahlreich zu erscheinen, so hätte sie wenigstens, von der Unzucht abgestoßen, beschämt zu verschwinden sich beeilen sollen. Was ist Gotteslästerung, wenn das Gottesdienst, was Besudelung, wenn das Reinigung ist? Und das nannte man „Gänge“, als wenn ein Gastmahl gefeiert würde, bei dem unreinen Dämonen mit ihrem Lieblingsgericht aufgewartet würde. ..." (Übers. Bibl. d. Kirchenväter)
Augustinus, de civitate dei II 26:
„Wo und wann die Geweihten der Himmelsgöttin Keuschheitsvorschriften zu hören bekamen, ist mir nicht bekannt. Aber vor ihrem Heiligsten, in dem wir ihr Bildnis ausgestellt sahen, strömten wir allesamt und von überall her zusammen, suchten einen Platz zu erobern und betrachteten begierig die Spiele, die da aufgeführt wurden. Wir schauten abwechselnd bald auf den buhlerischen Umzug, bald auf die jungfräuliche Göttin, wie man sie inbrünstig anflehte, und wie man vor ihr schändliche Dinge trieb. Keinen Mimen, der Schamgefühl, keine Schauspielerin, die Sittsamkeit gezeigt hätte, sahen wir; alles war voll unzüchtigen Treibens. Man wusste, was der jungfräulichen Gottheit gefiel, und verübte solche Dinge, dass auch verheiratete Frauen aus dem Heiligtum neues Wissen nach Hause brachten. Einige schamhafte Frauen wandten den Blick von den unzüchtigen Bewegungen der Schauspieler ab und lernten die Kunst des Lasters nur durch verstohlenes Hinschauen. Denn sie schämten sich vor den Männern, die unkeuschen Gesten offensichtlich zu betrachten, doch viel weniger wagten sie, die Feier der verehrten Göttin keuschen Herzens zu verdammen. Zu jedermanns Belehrung zeigte man offen im Tempel, was man zuhause nur im geheimsten Gemache getan hätte, und staunen musste das Schamgefühl der Sterblichen, wenn es noch nicht ganz verloren war, dass die Menschen solche Schändlichkeiten nicht ungeniert begingen, die sie doch als frommen Brauch von den Göttern lernten, die, wie man glaubte, erzürnt sein würden, wenn man ihn nicht übte. Derselbe Geist, der die verdorbenen Seelen insgeheim aufreizt, zum Ehebruch verführt und, wenn er vollbracht ist, sich daran weidet, ist es auch, der an solchen Feiern sein Vergnügen hat, in den Tempeln Götzenbilder aufstellt, bei den Spielen die Darstellung von Lastern liebt, aber im Verborgenen Worte der Gerechtigkeit lispelt, um auch die wenigen Guten zu täuschen, während der öffentlich mit Gepränge zum Laster einlädt, um die ungezählten Bösen ganz an sich zu fesseln.“
Komm.: Der Name „ferculum" bedeutet Tragegestell und wird mit dem Gestell für das Tragen des Götterbildes bei Prozessionen in Verbindung gebracht. Dies spielte auch und besonders in phönikischen Kulten eine große Rolle. Die von Augustinus beschriebene Veranstaltung spielte sich wahrscheinlich zu Ehren der Tanit – Demeter – Ceres – Caelestis ab. Vgl. Cyprian, de lapsis 25.Salv., Gub. Dei VIII 2,10-12.
Antike Quellen zum ferculum: Sueton, Iulius LXXVI 1; Macrobius, Sat. I 23, 13.
Moderne Literatur: A. L. Abaecherli, Fercula, Carpenta, and Tensae in the Roman Procession, Bolletino dell'Associazione Internazionale Studi Mediterranei 6, 1935-1936, 1-5; E. Künzl, Der römische Triumph (München 1988) 74 ff.