Bei Thukydides II 15,4 werden sie "Ältere Dionysien" genannt, sie sind ein Vegetationsfest. Offizielle und älteste Feier zu Ehren des Dionysos in Februar/März. In der Forschung wurde es bisweilen mit den Lenäen gleichgesetzt. Es erstreckte sich über drei Tage – die Pithoigia, Choes und Chytroi – , an deren Anfang die Ankuft des Gottes von der See mit einer Schiffsprozession gefeiert wurde und an deren Ende die heilige Vermählung des Archon Basileus und der Basilinna im Bukoleion stand. Hauptsächlich spielten sich die Feiern im Heiligtum des Dionysos εν λιμναις ab, wo auch der neue Wein zelebriert wurde. Mythen aus dem Umfeld des Kultes wurden dargestellt, doch kennen wir deren genauen Aufführungsort nicht. Nach dem Zeugnis von Philostrat spielten auch Aufführungen im Theater eine Rolle.
Testimonia
Plutarch, vitae or. VII (841F):
„Er (d.i. Lykurg) ist auch der Urheber von Gesetzen, zum Beispiel dass die Schauspieler der Komödie an den Chytren einen Wettstreit im Theater aufführen und der Sieger ins Bürgerrecht aufgenommen wurde, was früher nicht gestattet war. Dadurch brachte er den abgekommenen Wettbewerb wieder in Aufnahme. Ein anderes verordnete den Dichtern Aischylos, Sophokles und Euripides eherne Statuen zu errichten und Abschriften ihrer Tragödien im Archiv aufzubewahren, damit der Staatsschreiber bei der Aufführung den Schauspielern nachlese und die Aufführung nicht vom Original abweiche. ...”
εἰσήνεγκε δὲ καὶ νόμους:, τὸν μὲν περὶ τῶν κωμῳδῶν, ἀγῶνα τοῖς Χύτροις ἐπιτελεῖν ἐφάμιλλον ἐν τῷ θεάτρῳ καὶ τὸν νικήσαντα εἰς ἄστυ καταλέγεσθαι πρότερον οὐκ ἐξόν, ἀναλαμβάνων τὸν ἀγῶνα ἐκλελοιπότα: τὸν δέ, ὡς χαλκᾶς εἰκόνας ἀναθεῖναι τῶν ποιητῶν, Αἰσχύλου Σοφοκλέους Εὐριπίδου, καὶ τὰς τραγῳδίας αὐτῶν ἐν κοινῷ γραψαμένους φυλάττειν καὶ τὸν τῆς πόλεως γραμματέα παραναγινώσκειν τοῖς ὑποκρινομένοις: οὐκ ἐξεῖναι γὰρ παρ᾽ αὐτὰς ὑποκρίνεσθαι.
Philostratos, Vita Apollonii IV 21:
„Die Athener sollen Apollonios wegen der Art getadelt haben, wie sie die Dionysien, die in den Frühlingsmonat Anthesterion fallen, feierten. Er war nämlich der Ansicht, man besuche das Theater, um dort Sologesänge, Prozessionslieder und rhythmische Hymnen zu hören, wie sie in Komödien und Tragödien gebräuchlich sind. Als er aber vernahm, daß man dort zum Klange der Flöte üppige Tänze aufführte und daß zu der feierlichen und heiligen Epik des Orpheus Horen und Nymphen bacchische Szenen darstellten, entrüstete er sich und sprach: „Hört auf, die Männer von Salamis und andere brave Ahnen mit eurem Tanze zu schänden. Wäre dies ein lakonischer Tanz, dann würde ich sagen: ‚Heil euch, ihr Krieger!’ Denn ihr würdet für den Krieg üben und ich würde daran teilnehmen. Sieht es aber der Tanz nur auf die weibische Üppigkeit ab, wie soll ich dann diese Trophäen hier deuten? Zeugen sie doch nicht gegen die Meder und Perser, sondern gegen euch selbst, wenn ihr hinter denen zurücksteht, die sie errungen haben. Woher diese safrangelben Kleider, diese Purpurgewänder und überhaupt diese Farbenpracht? O rüsteten doch die Acharner sich nie und so ritt man auch in Kolonos nicht. Was sage ich hier? Fuhr doch mit Xerxes eine Frau aus Karien zu euch, die ein Schiff befehligte. Diese hatte nichts weibisches an sich, sondern trug Rüstung und Waffen nach Männerart. Ihr dagegen zeigt euch weibischer als die Weiber des Xerxes, und dies gilt für die Männer jeden Alters. … Nun aber gelobt man, für das Vaterland Bacchanalien zu feiern und den Thyrsos zu schwingen, trägt keinen Helm mehr und tritt, wie Euripides es beschrieben hat, schmählich mit weibischem Schmucke auf. Ich höre sogar, daß ihr euch in Winde verwandelt und eure leichten Prunkgewänder wie aufgeblähte Segel im Winde flattern laßt. Vor diesen Windgötter, euren so gewaltig für euch blasenden Bundesgenossen, solltet ihr euch schämen. Desgleichen solltet ihr euch scheuen, den Boreas, euren Verwandten, der vor allen übrigen ein Mann ist, zum Weibe zu machen. Hätte er die Oreithyia tanzen gesehen, wäre er gewiss nicht ihr Liebhaber geworden.“ (V. Mumprecht).
Literatur
RE I (Stuttgart 1894) 2371-2375 s.v. Anthesteria (Friedrich Hiller von Gärtringen) (wikisource)
L. Deubner, Dionysos und die Anthesterien, Jahrbuch des deutschen archäologischen Instituts 42, 1927, 172-192.
L. Deubner, Attische Feste (Berlin 1932) 93-123.
A.W. Pickard-Cambridge, The Dramatic Festivals of Athens (Oxford 1968; ND 1999) 1-25.
E. Simon, Festivals of Attica. An archaeological commentary, Wisconsin Studies in Classics (Madison Wisconsin 1983) 92 ff.
W. Burkert, Greek Religion (Cambridge, Mass. 1985) 237 ff.
D. H. J. Larmour, Stage and Stadium. Drama and Athletics in Ancient Greece, Nikephoros Beihefte 4 (Hildesheim 1999) 176 f.